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Das Ende der freien Veröffentlichung von Personenbildnissen – für die meisten von uns

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Rechtsanwalt

Wie die Datenschutzgrundverordnung mit Billigung des Gesetzgebers die Nutzung von Fotos im Rahmen der Ausübung der freien Meinungsäußerung untersagt.

Soweit der nationale Gesetzgeber nicht von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch macht, wird mit Geltung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ab dem 25. Mai 2018 der generelle Vorrang des Datenschutzrechts auch gegenüber der Ausübung des Meinungsfreiheit geltendes Recht.

Dies betrifft im besonderen Maße auch die Verbreitung und Veröffentlichung von Fotoaufnahmen, die heute vom Kunsturhebergesetzes (nachfolgende KUG) geregelt wird. Das Recht Fotoaufnahmen zu machen und zu veröffentlichen stellt einen unverzichtbaren Bestandteil unserer heutigen Medienlandschaft dar und dient damit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung. Ein Bild sagt oftmals „mehr als tausend Worte“, denn Fotos werden oftmals als glaubwürdiger empfunden und bleiben besser in Erinnerung. Zudem machen Fotoaufnahmen textliche Berichterstattung lebendiger, indem Sie auch Emotionen der Abgebildeten wiedergeben können. Darüber hinaus können Fotoaufnahmen zum Beleg und zur Untermauerung von geäußerten Meinungen sogar zwingend erforderlich sein. Vor diesem Hintergrund gehört das Recht, Fotoaufnahmen unter Beachtung der Rechte der Abgebildeten erstellen und verbreiten zu dürfen, wie es das Kunsturhebergesetz vorsieht, zum unerlässlichen Bestandteil des verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf freie Meinungsäußerung für Jedermann.

Das Recht auch Fotoaufnahmen im Rahmen der allgemeinen Meinungsfreiheit verbreiten und veröffentlichen zu dürfen, dient somit dabei nicht lediglich dem Informationsinteresse der Informationsgesellschaft, sondern stellt das Öl im Getriebe einer Demokratie dar. Gerade dieses Recht droht jedoch durch die drohende Untätigkeit des Gesetzgebers im Lichte der vorrangigen Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ab dem 25. Mai 2018 stark eingeschränkt und für den größten Teil der Bevölkerung faktisch abgeschafft zu werden. Denn Ausnahmen von der vorrangigen Geltung der DSGVO gegenüber dem KUG sind bislang nur für die institutionalisierte Presse vorgesehen. Der Segelclub oder der Ortsverein, der mit Fotos von seiner Jahresfeier auf die Vereinstätigkeit aufmerksam machen möchte, aber auch der Landrat, der ungestellte Bilder von Spielplätzen mit Kindern auf seine Homepage stellt, um für seinen Landkreis zu werben, verhalten sich ab dem 25. Mai 2018 im Zweifel datenschutz- und damit rechtswidrig.

Bisherige Rechtslage

Dem Spannungsverhältnis zwischen dem Datenschutz und der freien Ausübung der Meinungsfreiheit wurde im bisherigen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), sowie weiteren Spezialgesetzen wie dem KUG, hinreichend Rechnung getragen. Bei dem 1907 eingeführten KUG handelt es sich um ein nach jahrzehntelanger Rechtsprechung ausgestaltetes und gut austariertes System, das einen Ausgleich zwischen dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten des Abgebildeten und dem Recht der Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit gewährleistet. Aus diesem Grund hatte der Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG die Subsidiarität des BDSG gegenüber spezielleren Gesetzen bestimmt und sich damit für den generellen Vorrang des KUG gegenüber den Datenschutzgesetzen für Jedermann entschieden. Die Nutzung von rechtmäßig und öffentlich verbreiteten Abbildungen wurde durch die §§ 14 und 28 BDSG gestattet. Schließlich wurde mit §41 BDSG ein „Medienprivileg“ gesetzlich normiert und damit die Geltung des Datenschutzes für die Presse und ihre Hilfspersonen eingeschränkt.

Diese Regelungen waren auch interessengerecht, da schon das KUG einen angemessenen Ausgleich und eine Interessenabwägung zwischen dem Recht des Betroffenen am eigenen Bild sowie der Informations- und Meinungsfreiheit des Äußernden schaffen soll: § 22 KUG stellt das Verbreiten oder öffentlich Zurschaustellung unter den Einwilligungsvorbehalt des Betroffenen und schütz damit dessen Recht am eigenen Bild als Ausfluss des Rechts der informationellen Selbstbestimmung. Bei der Einwilligung nach dem KUG handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Handlung, die nach dem KUG nur ausnahmsweise und aus wichtigem Grund vom Betroffenen widerrufen werden kann. Somit schafft die Einholung einer rechtswirksamen Einwilligung, ob schriftlich oder konkludent, für alle Beteiligten Rechtssicherheit. Im Beschäftigungsverhältnis sogar besonders, da dort nach Maßgabe des Bundesarbeitsgerichts die Schriftform einer freiwilligen Erklärung vorgeschrieben ist.

Gleichzeitig hat der Gesetzgeber des KUG jedoch mit Weitsicht erkannt, dass es auch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung von Fotoaufnahmen geben kann, bei dem eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen nicht zu erwarten ist oder aus praktischen Gründen nicht eingeholt werden kann. In den §§ 23 und 24 wurde dazu wichtige Fallgruppen mit Ausnahmen vom Einwilligungszwang geschaffen. Danach bedarf es für die Verbreitungen von Abbildungen etwa keiner Einwilligung bei Ereignissen des Zeitgeschehens. Auch der Reisefotograf, der eine Aufnahme vom Kölner Dom macht und dabei Personen im Bild hat, benötigt im Rahmen der Beiwerksausnahme des § 23 Nr. 2 keiner Einwilligung. Ebenso muss ein Politiker, der zuvor als Teilnehmer einer Demonstration abgelichtet wurde, vor einer Veröffentlichung des Fotos nicht um Zustimmung gebeten werden (§ 23 Nr.3).Besonders wichtig sind diese Ausnahmen für Berufsfotografen und Pressesprecher, die nicht unter den engen Begriff der Presse und des Rundfunks fallen. Auch Privatpersonen, die im Internet oder auf Facebook aktiv an der öffentlichen Meinungsbildung teilnehmen, profitieren von den Regelungen des KUG

Neue Rechtslage durch DSGVO

Die Nutzung von Bildaufnahmen ohne Einwilligung im Rahmen des KUG dürfte nach dem 25. Mai 2018 jedoch nur noch für die „institutionalisierte“ Presse und den Rundfunk und die für sie arbeitenden Journalisten und Unternehmen gelten. Denn gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO gilt die Verordnung uneingeschränkt „für ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“. Somit wird jede „automatisierte Verarbeitung“ unter ein generelles Verbot gestellt, das nur bei Einschlägigkeit eines Erlaubnistatbestands innerhalb der DSGVO ausnahmsweise erlaubt sein soll. Aus diesem Grund wird bereits jede Speicherung von Personenbildern in digitaler Form unter Verbot gestellt.

Darüber hinaus verbleibt für das KUG neben der DSGVO lediglich noch ein marginaler Anwendungsbereich. Darunter fallen rein analoge Bildaufnahmen und gemäß Art. 2 II Lit. c DSGVO die sogenannte Haushaltsausnahme für Fotos im persönlichen und familiären Bereich vor. Dieser Erlaubnistatbestand ist jedoch schon überschritten, wenn Fotos im Internet veröffentlicht würden. Darüber hinaus werden etwa Fotos von Verstorbenen nicht von der DSGVO erfasst und dürfen weiterhin im Rahmen des KUG verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden.

Zwar hat der Gesetzgeber auch in § 1 II BDSG-neu die Subsidiarität dieses Gesetzes gegenüber spezielleren Gesetzen vorgesehen. Dies mag auf den ersten Blick eine Fortgeltung der jetzigen Rechtslage zu suggerieren. Bei der DSGVO handelt es sich jedoch um eine europäische Verordnung, die aufgrund der Normenhierarchie Vorrang gegenüber nationalen Gesetzen genießt. Die Regelung in § 1 II BDSG-neu vermag somit keinen Vorrang des KUG gegenüber der DSGVO zu bestimmen, da die DSGVO selbst gerade keine dem BDSG vergleichbare Subsidiaritätsregelung vorsieht, sondern im Gegenteil gerade den generellen Vorrang gegenüber allen nationalen Gesetzen bezweckt.

Zwar sieht die DSGVO in Art. 6 Abs. 1 zahlreiche Erlaubnistatbestände für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Datenverarbeitung vor. Diese sind jedoch auf die Erstellung, Verbreitung und Veröffentlichung von Personenbildern zum Zwecke der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nicht anwendbar. So kann sich beispielsweise der Unternehmenssprecher, der über einen Firmenevent berichten will oder der Reiseblogger, der Momentaufnahmen der Straßen einer Stadt erstellt, weder auf die Erfüllung eines Vertragszwecks (Art 6 Abs. 1 Lit b DSGVO), die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Art. 6 Abs. 1 Lit c DSGVO) oder rechtssicher auf ein „berechtigtes Interesse“ (Art. 6 Abs. 1 Lit f DSGVO) berufen – denn anders als Journalismus oder Kunst ist etwa PR im Zweifel als Werbung einzuordnen und überwiegen in einer Einzelfallabwägung die Rechte des Verbreiters nicht das generelle Verbot einer Verarbeitung. Zudem dürfte schon fraglich sein, ob diese stets „erforderlich“ im Sinne dieser Norm wäre.

Auch die Einholung von Einwilligungen, wie sie Art 6 Abs. 1 Lit a DSGVO vorsieht, dürfte in vielen Situationen faktisch nicht möglich sein und kann zudem auch keine Rechtssicherheit für den Hersteller einer Abbildung bieten. Denn gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO ist eine Einwilligung des Betroffenen (für dessen Vorliegen der Verbreiter die Beweislast trägt) jederzeit und ohne Begründung widerruflich, mit der Konsequenz, dass auch ein zuvor rechtmäßig hergestelltes Personenbild für die Zukunft nicht mehr rechtmäßig verbreitet werden kann – selbst wenn der Betroffene darauf etwa nur als „Beiwerk“ erkennbar ist.
Somit werden Privatpersonen, Unternehmenssprecher, Behördenmitarbeiter, Honorarfotografen, PR- und Werbeagenturen, sowie alle anderen, die nicht Angehörige der institutionalisierten Presse sind, vor der Erstellung, Verbreitung oder Veröffentlichung von digitalen Personenbildern künftig höchste Vorsicht walten lassen – denn bei Verstößen gegen die DSGVO drohen nicht nur Bußgelder in Millionenhöhe, sondern selbst bei sozialadäquaten Verhalten Abmahnungen, Untersagungen oder Schadensersatzforderungen.

Abhilfe wäre möglich

Im Ergebnis dürfte das in der Praxis vor allem aber nur eines Bewirken: Ein Verzicht auf die Fertigung und Verbreitung von Abbildungen mit Personen. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht in Folge „höhere Gewalt“, quasi als Diktat des Europäischen Gesetzgebers über uns hereingebrochen, sondern vielmehr hausgemacht:

Der Gesetzgeber der DSGVO hat das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und der Ausübung der Meinungsfreiheit erkannt und den nationalen Gesetzgebern daher einen Regelungs- und Anpassungsauftrag in Form von Öffnungsklauseln gegeben. Denn gemäß Art 85 DSGVO haben die Mitgliedstaaten „durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang zu bringen.“ Unstreitig gibt Art. 85 II dem Gesetzgeber dabei sogar die Pflicht auf, Abweichungen und Ausnahmen zur DSGVO zur Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken zu schaffen. Art 85 I DSGVO stellt aber auch selbst eine eigenständige, weitergehende Öffnungsklausel dar. Sie eröffnet den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, auch bezüglich der übrigen Ausprägungen der Meinungsfreiheit, für die sich bereits über Jahrzehnte der Rechtsprechung eine, den Bedürfnissen einer funktionierenden Demokratie anpassende, Regeln herausgebildet haben, beizubehalten.

Bezogen auf Abbildungen ist dafür jedoch die Schaffung einer gesetzlichen Regelung erforderlich, die die Fortgeltung der §§ 22 – 24 KUG für Jedermann in rechtssicherer Weise sicherstellt. Dies hat der Gesetzgeber bislang jedoch unterlassen. Lediglich auf Länderebene, wo die Gesetzgebungskompetenzen für Presse und Rundfunk liegen, soll die uneingeschränkte Geltung der DSGVO beispielsweise durch den 21. Rundfunkstaatsvertrag ausgeschlossen werden und würde damit auch die Fortgeltung auch des KUG für Abbildungen in den Medien gesichert.

Hier hat der Gesetzgeber zumindest erkannt, dass „die in der Datenschutz-Grundverordnung enthaltenen, umfangreichen Auskunftsrechte […] die demokratiesichernde Funktion journalistischer Arbeit, insbesondere in der investigativen Recherche“ gefährden (Quelle: Entwurf zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag). Zugleich wird auf S. 8 der Begründung jedoch der sachliche Anwendungsbereich eingeschränkt, denn „bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu anderen, als zu journalistischen Zwecken findet die Datenschutz-Grundverordnung grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung“. Zugleich wird ausdrücklich geregelt, dass an dem engen Pressebegriffs des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29. 10.2015 AZ.: 1 B 32/15) festgehalten werden und gerade nicht für einen weiteren Kreis geltend soll.

Gesetzentwurf des BMJV untauglich

Wer bezüglich des KUG für Abbildungen außerhalb von Presse- und Rundfunk und ihnen ähnliche Angebote Abhilfe durch den Bundesgesetzgeber erhofft, könnte dagegen enttäuscht werden:

Denn in dem Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum KUG, wie er im Moment innerhalb der Bundesregierung diskutiert wird, heißt es in § 1 zur „Änderung des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“:
„Die § 22 bis 24, 37, 39, 42 bis 44 und 50 gelten, soweit sich die Verbreitung oder Schaustellung von Bildnissen nicht nach der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutznatürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten […..] richtet“.
Da aufgrund etwa des kommenden Rundfunkstaatsvertrages lediglich für die institutionalisierten Medien und Verbreiter, die dem engen Begriffe von „Presse“ unterfallen, die Geltung des DSGVO ausgeschlossen werden soll, würde eine solche Änderung lediglich die Fortgeltung des KUG im Rahmen des Medienprivilegs bestätigen. Für alle anderen wäre stattdessen gesetzlich festgestellt, dass die DSGVO die Regelungen des KUG verdrängt und der Gesetzgeber ausdrücklich von der Regelungskompetenz gemäß Art. 85 DSGVO für sie keinen Gebrauch machen will.

Dies hätte zur Folge, dass beispielsweise Vereine, Unternehmen, Behörden oder auch Privatpersonen in Ihrer öffentlichen Kommunikation stets auf die Einholung rechtswirksamer „informierter“ Einwilligungen angewiesen wären. Sie müssten darauf vertrauen, dass die Betroffenen diese nicht später wieder widerrufen. Oder sie vereinbaren mit Hilfe von Verträgen, dass die Abgebildeten nicht nur möglichst „ungezwungen“ in die Kamera lächeln müssen, sondern auch die weitere Verbreitung vergütet bekommen. Oder sie müssten in jedem Einzelfall schon vor der Fertigung einer Abbildung eine überzeugende Abwägungsentscheidung nachweisen können, die auch die Verbreitung einer Abbildung gegen den Willen des Betroffenen als „erforderlich“ rechtfertigt. Selbst wenn das gelingt, müssen die Verantwortlichen umfangreiche Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO bereits bei der Erhebung erfüllen und sehen sich anschließend einem umfangreichen Katalog an Betroffenenrechten nach Art. 12 ff. DSGVO ausgesetzt. Ein freundliches Nicken bei der Frage, ob man mit einer Aufnahme einverstanden ist, wird künftig nicht mehr reichen.

Selbst Behörden werden in ihrer Öffentlichkeitsarbeit behindert werden: Zwar erlaubt Art. 6 Abs. 2 lit e DSGVO die Verarbeitung von Daten durch Behörden zur Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt. Ob dieses jedoch auch auf die heute übliche audio-visuelle und multimediale Öffentlichkeitsarbeit zutrifft, darf bezweifelt werden. Denn als Aufgabe i.S.d. Art. 6 Abs. 2 DSGVO müsste der Behörde die „Öffentlichkeitsarbeit“ eigentlich durch förmlichen Rechtsakt als Aufgabe mit dementsprechenden Befugnissen übertragen worden sein, greift sie zukünftig doch in das „Datenschutzrecht“ des Bürgers ein.

Vorbild Schweden

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Schweden: Im Gesetzesentwurf der schwedischen Regierung vom 15.02.2018, das bereits dem schwedischen Reichstag vorgelegt wurde, heißt es unter 7. „Die EU-Datenschutz-Grundverordnung sowie weitere Datenschutzgesetze finden in dem Umfang, wie sie gegen Presse- oder Meinungsfreiheit streiten, keine Anwendung“. Die schwedische Regierung verweist in ihrer Begründung dabei ausdrücklich auf die Unsicherheiten für die Ausübung der Meinungsfreiheit in Folge der unmittelbaren Geltung des DSGVO, sowie der Androhung empfindlicher Sanktionszahlungen bei Zuwiderhandlungen hin. Diese Unsicherheiten würden die für eine Demokratie erforderliche öffentliche Meinungsbildung negativ beeinflussen, die jedoch auch in Schweden durch die Meinungsfreiheit gewährleistet und durch ein Zensurverbot geschützt wird. Aus diesem Grund sei es erforderlich, von der Regelungsbefugnis des Art. 85 Abs. 1 DSGO in dieser Weise Gebrauch zu machen.

Ein ähnlich klares gesetzgeberisches Signal ist auch vom deutschen Gesetzgeber zu fordern, denn nicht nur in Schweden genießt die Meinungsfreiheit besondere Bedeutung: Für das Bundesverfassungsgericht ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sogar „unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft, eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt“ und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung daher „schlechthin konstituierend“ (BVerfGE 7,198 ff.).

Benjamin Horvath, LL.M. ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht in der Kanzlei Schalast Rechtsanwälte in Berlin. Er studierte Jura in Köln und IT-Recht an der Stockholm University (Schweden). Er berät in den Bereichen Medien-, IT- und Datenschutzrecht. Einen speziellen geographischen Schwerpunkt bilden dabei die skandinavischen Staaten.

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