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LG Berlin: Apple Hardwaregarantie weitgehend AGB-widrig

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Das LG Berlin beschäftigt sich in einer neuen Entscheidung (Urt. v. 28.11.2014 – 15 O 601/12) mit Garantiebedingungen von Apple. Die Entscheidung ist interessant, weil sie mit Apple einen großen amerikanischen Anbieter betrifft. Inhaltlich bewegt sie sich aber auf eher ausgetretenen Pfaden. Das LG Berlin macht sich mit den Begründungen auch weitgehend wenig Mühe:

 

1. Anwendbares Recht

Das beginnt schon mit den Feststellungen zum anwendbaren Recht. Statt einer fallbezogenen Begründung wird der BGH zitiert, der die Anwendung (in einem älteren Fall) zweistufig prüft:

  • In einem ersten Schritt prüft das Gericht die Anwendbarkeit des UKlaG. Diese Frage entscheidet sich nach deliktsrechtlichen Regelungen. Da es einen deutschen Internetauftritt von Apple gibt, ist deutsches Recht nach Art. 4 Abs. 1 Rom-II-VO anwendbar, weil die Klauseln gegenüber deutschen Verbrauchern verwendet werden und der „Schaden“ in Deutschland antritt.
  • In einem zweiten Schritt geht es dann um die Anwendbarkeit deutschen Rechts auch auf die AGB-Kontrolle. Dort gilt deutsches Recht, wenn der Vertrag insgesamt deutschem Recht unterliegt. Davon geht das LG Berlin aus, ohne es auch nur ansatzweise zu begründen. Für Verbraucherverträge ergibt sich das zwar unmittelbar aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Rom-I-VO, weil Apple seinen Internetauftritt auf Deutschland ausrichtet und es um in Deutschland ansässige Verbraucher geht. Dennoch: Die Anwendung deutschen Rechts hätte sich auch aus einer Rechtswahlklausel ergeben können, die auch für Unternehmensverträge gilt. Ein Wort dazu hätte man sich gewünscht. Die aktuelle Fassung der Hardwaregarantie von Apple enthält eine solche Rechtswahlklausel zu Gunsten des deutschen Rechts.

 

2. Beschneidung gesetzlicher Gewährleistungsrechte

Eine ganze Reihe der angegriffenen Klauseln erweckt zumindest den Eindruck, gesetzliche Gewährleistungsrechte massiv zu beschneiden – offenbar handelte es sich weitgehend um Übersetzungen amerikanischer Klauseln. Dass diese Klauseln nach deutschem Recht unwirksam sind, überrascht nicht. Die derzeitigen Regelungen in der Hardwaregarantie von Apple sehen auch völlig anders aus.

 

3. Garantien

a) Wirksamkeit der Garantie der Freiheit von Material- und Herstellungsfehlern

Schwach wird das Urteil dort, wo es um den Inhalt der Garantie geht. So wird die Formulierung:

„Apple gibt für die Dauer von einem (1) Jahr ab dem Datum des ursprünglichen Kaufes durch den Endkunden („Garantiefrist“) eine Garantie ab, dass das Hardware-Produkt und Zubehör, das mit der Marke Apple versehen und in der Originalpackung enthalten ist („Apple-Produkt“) frei von Material- und Herstellungsfehlern ist, wenn diese im Einklang mit den von Apple veröffentlichten Richtlinien normal benutzt werden.“

mit der Erwägung für unwirksam erklärt, diese Garantie würde trotz ihrer Überschrift weniger gewähren als die gesetzlichen Gewährleistungsrechte und sei durch den letzten Halbsatz ins Belanglose entwertet.

  • Inhaltsbeschreibung der Garantie

Hier geht es freilich um die positive Inhaltsbeschreibung der Garantie. Ist diese Klausel unwirksam, hat die Garantie keinen Inhalt mehr. Deswegen sieht § 477 Abs. 3 BGB auch ausdrücklich vor, dass eine unbestimmte Formulierung der Klausel nicht zu ihrer Unwirksamkeit führt. Ziffer 1.5 der Garantiebestimmungen dürfte daher entgegen den Formulierungen des LG Berlin wirksam sein. Daher ist die Entscheidung mit dieser Begründung falsch.

  • Beschränkung der Gewährleistung?

Möglicherweise kann man die Klausel auch unabhängig von den ohnehin unwirksamen Klausel als endgültige Beschränkung der Gewährleistung und damit als unwirksam ansehen, weil sie ein durchschnittlicher Verbraucher so sieht (ähnlich BGH, Urt. v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (868)). Das LG Berlin deutet im ersten Satz der Begründung an, dass es die Unwirksamkeit der Regelung auch auf diesen Gesichtspunkt stützt. Die weiteren Argumente des LG Berlin gehen aber in eine andere Richtung.

Außerdem gilt:  Wenn die hier diskutierte Regelung allerdings wegen endgültiger Beschränkung der Gewährleistung unwirksam ist, ist die gesamte Hardwaregarantie unwirksam. Sie hat dann nämlich keinen Inhalt mehr. Dann bedarf es keiner weiteren Überprüfung einzelner Klauselbestandteile. Auf dieses Problem geht das LG Berlin nicht ein.

 

b) Einschränkungen zur Reichweite der Garantie

Falsch ist die Entscheidung teilweise auch dort, wo sie sich mit den Einschränkungen der Garantie beschäftigt. Es geht dabei um Formulierungen, mit denen klargestellt wird, was nicht von der Garantie erfasst wird und welche Garantieleistungen erbracht werden (Ziffer 1.6). Nicht erfasst werden äußere Beschädigungen, die die Funktion der Hardware nicht wesentlich beschränken (Ziffer 1.7). Darüber hinaus erfasst die Garantie in Fällen leichter Austauschbarkeit von Hardwarebestandteilen nur die Lieferung von Ersatzteilen.

Die Klauseln stehen nach ihrem Wortlaut in engem Zusammenhang mit der positiven Beschreibung der Garantie, die unter a) oben wiedergegeben ist. Trotz § 307 Abs. 3 BGB kontrolliert die Rechtsprechung vergleichbare Klauseln intensiv (näher dazu Graf von Westphalen/Thüsing (Hrsg.); Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Abschn. Garantieklauseln, Rz. 15ff.).

  • Kein Life-Style-Produkt, sondern Gebrauchtsgerät und Benutzungsspuren

Ansatzpunkt sind zum einen berechtigte Erwartungen des Verbrauchers an den Inhalt einer Garantie (so OLG Nürnberg, Urt. v. 27.2.1997 – 8 U 3754/96, NJW 1997, 2186) und zum anderen sachliche Gründe für solche Beschränkungen. Das LG Berlin greift den ersten Gesichtspunkt bei dem Ausschluss äußerlicher Beschädigungen auf, behandelt sie also als Teil einer wirksamen Garantie. Es meint, bei einem „Life-Style“-Produkt wie Apple-Geräten sei eine solche Beschränkung unwirksam. Dem steht entgegen, dass Apple-Geräte zwar oft Kultcharakter haben, in erster Linie aber nicht Life-Style-Produkte sind, sondern Gebrauchsgeräte. Die Begründung überzeugt daher nicht. Der Ausschluss äußerlicher Beschädigungen, die ja oft Benutzungsspuren sind, dürfte zulässig sein.

  • Nur Ersatzteillieferung zulässig

Auch bei der zweiten Klausel, nach der eine Garantieleistung oft nur in der Leistung von Ersatzteilen besteht, kann man einem Unwirksamkeitsverdikt mit der gegebenen Begründung nicht folgen. Die Klausel ist zwar unklar, weil nicht geregelt ist, wann Apple nur Ersatzteile liefert und wann es mehr leistet. Dies führt aber nach § 477 Abs. 3 BGB nicht zur Unwirksamkeit (siehe a) oben). Inhaltlich kann eine Garantie auf eine Ersatzteillieferung beschränkt werden, so dass die Klausel wirksam ist.

  • Beschränkung der Gewährleistung?

Beide Klauseln sind allerdings unwirksam, wenn man sie als Gewährleistungsbeschränkung versteht, § 309 Nr. 8 Buchst. b aa) bzw. bb) BGB.

c) Haftungsbeschränkungen, einseitige Garantieänderung, Versandkosten

Die weiteren Ausführungen des LG Berlins bewegen sich auf vertrauten Bahnen:

  • So ist eine Haftungsbeschränkung, die die Haftung auch für Verletzung von Kardinalpflichten ausschließt, nun einmal unwirksam. Verklausulierte Regelungen, die diese Regelung eventuell in Deutschland nicht anwendbar machen, führen nicht zur Wirksamkeit.
  • Dass eine Klausel, die eine einseitige Abänderbarkeit der Garantiebedingungen vorsieht, unwirksam ist, überrascht auch nicht.
  • Ähnliches gilt für eine Regelung, die die Ãœbernahme unbestimmter Versandkosten durch den Verbraucher vorsieht.
  • Dass eine Regelung, die die Haftung für Schäden ausschließt, die durch eine nicht der vom Hersteller beschriebenen zulässigen oder beabsichtigten Nutzung entsprechenden Betriebsweise verursacht werden, intransparent und deswegen unwirksam ist, ist ebenfalls überzeugend.

 

d) Fazit

Insgesamt ist das Urteil in den Einzelbegründungen zu knapp ausgefallen, zeigt aber dennoch deutlich, auf wie engem Grad sich Hersteller bei Garantien bewegen, wenn Sie ihre Produkte selbst vertreiben.

 

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