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Höhe des Schadensersatzes bei vorzeitiger Beendigung des Mobilfunkvertrages

avatar  Dr. Gerd Kiparski, MBA
Rechtsanwalt

Scheitert der Mobilfunkvertrag aus Gründen, die der Endkunde zu vertreten hat, stellt sich die Frage des Schadensersatzanspruchs für den Mobilfunkanbieter für die verbliebenen Monate der Vertragslaufzeit. Ein solcher Schadensersatzanspruch besteht grundsätzlich nach §§ 626 Abs. 1, 628 Abs. 2 i.V.m. §§ 280 Abs.1 und 281 Abs. 1 BGB.

Fraglich ist meist die Höhe des konkreten Schadensersatzanspruchs. Zur Schadensberechnung wird der monatliche Grundpreis des Tarifs mit der verbliebenen Restlaufzeit multipliziert. Hiervon sind dann ersparte Aufwände in Abzug zu bringen. Unstreitig sind dies einerseits Abzinsungsbeträge und ersparte Rechnungsstellungsaufwände.

Streitig ist meist, ob sich der Mobilfunkanbieter auch ersparte Kosten für Mobilfunknetzkapazitäten entgegenhalten lassen muss.

Das LG Düsseldorf (Urt. v. 12.12.2019 – 19 S 65/19) hat nun jüngst hierzu entschieden, dass das vorzeitige Beenden eines Mobilfunkvertrages nicht zu einer Einsparung von Netzkapazitäten führe. Das Gericht führte aus, dass Mobilfunknetzbetreiber  ihre Netze nicht im Hinblick auf einzelne Endkunden konzipierten. Die Netzkapazitäten werden abstrakt geplant und der Kundengesamtheit zur Verfügung gestellt. Der Wegfall eines einzelnen Kunden erspare dem Mobilfunknetzbetreiber keine weiteren Kosten und Aufwände. Daher müsse sich der Mobilfunknetzbetreiber bei der Schadensberechnung keine ersparten Aufwendungen für nicht genutzte Netzkapazitäten entgegenhalten lassen.

Die weitere Rechtsprechung zu diesem Thema ist uneinheitlich:

Die Ansicht des LG Düsseldorf vertreten auch das LG Verden (1 S 17/14); das LG Hamburg (413 HKO 47/14); das LG Traunstein (1 HK O 4196/15) und (5 O 19/18); LG Dortmund (11 T 33/18) und das AG Recklinghausen (51 C 159/14).

Das OLG München (23 U 1872/18) und das LG Berlin (90 O 85/16) lassen als abzugsfähige Aufwände nur Spezialunkosten für den betroffenen Endkunden gelten, mithin solche, die dem konkreten Vertragsverhältnis zurechenbar sind und keine Generalunkosten durch den Aufbau und Betrieb eines Mobilfunknetzes oder die Vorhaltung eines Kundenservices.

Auch Terminierungsentgelte werden für den Mobilfunknetzbetreiber nicht erspart. Diese muss der Mobilfunknetzbetreiber des Endkunden an andere Netzbetreiber zahlen, wenn sein Endkund in andere Telekommunikationsnetze telefoniert. Aber er erhält auch selbst diese Terminierungsentgelte, wenn Kunden anderer Netzbetreiber zu seinem Kunden telefonieren. Insgesamt kann hier also von einem ausgeglichenen Verhältnis von ersparten Zahlungen und verlorenen Einnahmen von Terminierungsentgelten ausgegangen werden (so OLG München 23 U 1872/18). Zudem sind Terminierungsentgelte von 0,90 ct/min bei Mobilfunknetzen und  0,08 ct/min bei Festnetzen verschwindend niedrig.

Andere Gerichte nehmen, meinest im Wege der richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO Abzüge für ersparte Netzkapazitäten vor. So das AG Sondershausen (4 C 11/17) von 90% –  aufgehoben durch LG Mühlhausen (1 S 68/17);  AG Tempelhof-Kreuzberg (24 C 107/12) und (23 C 120/14); AG Bremen (25 C 0215/13) und (9 C 187/18); AG Bad Urbach (1 C 440/13); AG Euskirchen (33 C 749/12) und AG Münster (48 C 2904/15).

Die Entscheidungspraxis zeigt mittlerweile, gerade in den Berufungsverfahren, eine Tendenz zu einer Ablehnung eines pauschalen Abzugs für ersparte Netzkapazitäten.

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