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Neues vom EuGH zum Urheberschutz von Programmen

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Mit einer neuen Entscheidung hat der EuGH, Urt. v. 2.5.2012 – Rs. C-406/10,  seine Rechtsprechung zur Auslegung der Computerschutzrichtlinie (Richtlinie 91/250/EWG) fortgeführt.

Zwei Aussagen des EuGH sind wichtig:

Kein Urheberrechtsschutz für Funktionalität, Programmiersprache und Dateiformat

Nach dem ersten Leitsatz sind nach seiner Auffassung die Funktionalität eines Computerprogramms, die Programmiersprache und das Dateiformat, die im Rahmen eines Computerprogramms verwendet werden, keine Ausdrucksform des Programms und damit nicht schutzfähig im Rahmen des Urheberrechtsschutzes von Computerprogrammen.

Die Aussage überrascht nicht, nachdem schon die grafische Oberfläche eines Computerprogramms in aller Regel nicht zum Schutzumfang des Urheberrechts am Computerprogramm zählt (EuGH, Urt. v. 22.12.2010, C-333/09, CR 2011, 221). Der EuGH bleibt konsequent bei seiner Meinung, dass lediglich der Quellcode sowie seine verschiedenen Übersetzungen Ausdrucksformen des Computerprogramms sind. Dies ist im Hinblick auf die hier gewählten Fragen noch eindeutiger zu begründen als bei der grafischen Benutzeroberfläche, geht es doch darum, gerade die Schnittstellen eines Computerprogramms, die seine Kommunikation nach außen steuern, vom Schutzumfang auszunehmen. Es soll eben erlaubt sein, diese Elemente zu benutzen, um ein Konkurrenzprodukt zum jeweils eigenen Computerprogramm zu entwickeln. Dies war immer Sinn und Zweck von Vorschriften der Computerschutzrichtlinie, insbesondere auch der Regelung zur Dekompilierung. Diese erlauben ja nicht nur Programme zur Interaktion mit den Schnittstellen eines Programms, sondern auch Programme, die diesem Programm Konkurrenz machen (vgl. Wandtke/Bullinger-Grützmacher, § 69 UrhG, Rn. 8 m.w.N.).

Die weitere wichtige Aussage des EuGH unterstützt diese Zielrichtung.

Kein lizenzrechtliches Verbot des Erkundens durch Ausprobieren

Es ist nämlich nach seiner Auffassung erlaubt, ein erworbenes Programm zu beobachten, zu untersuchen und zu testen, um die dem Programmelement zugrunde liegende Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn der Nutzer nur die von der Lizenz umfassten Handlung sowie Handlungen zum Laden und Ablaufen vornimmt, die für die Benutzung des Computerprogramms erforderlich sind.

Ein lizenzrechtliches Verbot, dies etwa zur Entwicklung von Konkurrenzprodukten zu tun, ist schlichtweg unwirksam. Auch in dieser Entscheidung spiegelt sich der Geist der Computerschutzrichtlinie, eine Aussage, die im Rahmen des § 69 d Abs. 3 UrhG auch für das deutsche Recht gelten muss.

Der EuGH macht damit deutlich, dass der Urheberschutz von Computerprogrammen zwar zum Schutz vor Vervielfältigungen dient, nicht aber dazu, die zugrunde liegenden Ideen und Ausdrucksformen vor der Ausnutzung dahingehend zu schützen, dass durch Schaffung anderer Programme Konkurrenz erzeugt wird.

Der Schutz der Ideen und Verfahren, die dem Programm zugrunde liegen, ist letztendlich nur durch Erteilung eines Patents zu schützen, nicht hingegen über das Urheberrecht, wenn denn die Ideen entsprechend patentfähig sind.
Die entsprechende Klarstellung durch den EuGH war wünschenswert.

Vervielfältigung des Benutzerhandbuchs

Von weniger großer Bedeutung ist der dritte Leitsatz der Entscheidung, der sich mit der Frage der Vervielfältigung eines Benutzerhandbuchs bzw. Teilen davon auseinandersetzt. Das Benutzerhandbuch wird hier praktisch wie ein normales Buch behandelt. Vervielfältigungen sind verboten, wenn sie eine Vervielfältigung geschützter Elemente darstellen. Dies muss bei Teilvervielfältigungen vom entscheidenden Gericht einzeln überprüft werden.

Der Entscheidung kann nur in allen Belangen zugestimmt werden. Sie gibt weitere wichtige Hinweise zur Auslegung der Computerschutzrichtlinie. Die jetzt mehrfachen Entscheidungen in diesem Bereich zeigen die zunehmende Bedeutung dieser ja mittlerweile schon mehr als 20 Jahre alten Richtlinie.

 

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