OLG Dresden v 7.10.2025 - 4 W 569/25
Einmeldung von Positivdaten an Bonitätsinformationssystem: Streitwert für Unterlassungsantrag bei 1.500 €
Der Streitwert für einen Antrag auf Unterlassung der Einmeldung von Positivdaten an ein Bonitätsinformationssystem beträgt regelmäßig 1.500 €. (entgegen der Auffassung anderer Oberlandesgerichte, die den Wert des Unterlassungsantrages auf 5.000 € festgesetzt haben: OLG Celle v. 20.8.2024 - 5 W 89/24; OLG Stuttgart v. 10.3.2025 - 4 W 21/25). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Einmeldung von Positivdaten ggf. sehr erhebliche wirtschaftliche Folgen für den Betroffenen haben kann.
Der Sachverhalt:
Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage auf der Grundlage der Vorschriften der DSGVO gegen die Einmeldung ihrer Positivdaten durch die beklagte Telekom Deutschland GmbH an eine Wirtschaftsauskunftei, die die Bonität von Kunden für ihre Vertragspartner ermittelt. Die Kläger begehren Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen sowie Unterlassung und die Feststellung einer Schadensersatzpflicht.
Das LG setzte den Streitwert mit Schluss vom 5.8.2025 auf 7.000 € fest. Hiergegen legten die Klägervertreter im eigenen Namen Streitwertbeschwerde eingelegt und beantragten, den Streitwert auf 15.000 € festzusetzen. Die Beklagtenvertreter schlossen sich der Streitwertbeschwerde an und beantragten, den Streitwert auf mindestens 13.000 € festzusetzen. Das LG setzte den Streitwert daraufhin mit Abhilfebeschluss vom 12.8.2025 auf 13.000 fest und legte im Übrigen die Sache dem OLG zur Entscheidung vor.
Das OLG wies die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie der Beklagten gegen den Beschluss des LG vom 5.8.2025 zurück, hob den Abhilfebeschluss vom 12.8.2025 auf und setzte den Streitwert von Amts wegen auf 7.000 € fest.
Die Gründe:
Der Streitwert war von Amts wegen gem. § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG auf 7.000 € herabzusetzen. Der Senat war dabei nicht gehindert, den vom LG festgesetzten Streitwert zu Ungunsten der Beschwerdeführer abzuändern. Gem. § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG kann die Streitwertfestsetzung vom Rechtsmittelgericht geändert werden, wenn - wie hier - die Entscheidung über den Streitwert in der Beschwerde schwebt. Ein Verbot der reformatio in peius gibt es bei der Streitwertbeschwerde nicht.
Der Streitwert des Feststellungsantrages beträgt 500 €. Die Ermittlung des Streitwerts für einen Feststellungsantrag richtet sich ausgehend von den Angaben in der Klageschrift nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Die Klagepartei macht mit dem Feststellungsantrag künftige Schäden, die ihr aus der Übermittlung seiner Positivdaten über den Vertragsabschluss mit der Beklagten künftig entstehen könnten. Angesichts des Umstandes, dass konkrete Anhaltspunkte für zukünftige materielle oder immatrielle Schäden nicht ersichtlich sind, schätzt der Senat den Wert des Feststellungsantrages auf 500 €.
Den Wert des Unterlassungsantrages schätzt der Senat gem. § 48 Abs. 2 GKG auf 1.500 €. Für die Wertbemessung des vorliegenden Unterlassungsanspruchs kann zugrunde gelegt werden, dass zur Kompensation eines immateriellen Schadens i.S.d. Art. 82 Abs. 1 DSGVO bei festgestelltem Verstoß gegen Art. 6 DSGVO ein immaterieller Schadensersatz i.H.v. allenfalls 50 € bis 500 € angemessen wäre. Der BGH hat für die unberechtigte Einmeldung von Negativdaten einen immateriellen Schadensersatzanspruch von 500 € für ausreichend gehalten. Die Einmeldung von Positivdaten vermag keinen höheren - sondern einen geringeren - Ansatz zu rechtfertigen.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsanspruch auch der Verhinderung von materiellen Schäden dient, die durch eine negative Beeinflussung des Bonitätsscores durch die Einmeldung von Positivdaten eintreten kann. Negative wirtschaftliche Folgen der Einmeldung sind in der Vergangenheit nicht ersichtlich. Dies rechtfertigt den Schluss, dass das Risiko von schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen bei zukünftigen Verstößen gering ist. Zukünftige negative wirtschaftliche Folgen sind zwar möglich, aber das Risiko des Eintritts eines wirtschaftlichen Schadens ist als gering zu bewerten. Zudem handelt es sich nicht um sensible persönliche Daten wie z.B. Gesundheitsdaten und die an Auskunfteien übermittelten Daten sind auch grundsätzlich nicht öffentlich einsehbar.
Eine höhere Bewertung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger Angststörungen, Existenzängste und Ohnmacht bei der Lebensführung behauptet. Der Kläger wurde vor dem LG angehört und hat davon nichts berichtet. Er hat vielmehr angegeben, dass sein Score bislang gut gewesen und ihm bislang kein Schaden entstanden sei. Er sei aber der Meinung, dass die Beklagte nicht ungefragt seine Daten weiterleiten dürfe. Der Auffassung anderer Oberlandesgericht, die den Wert des Unterlassungsantrages auf 5.000 € festsetzten (OLG Celle v. 20.8.2024 - 5 W 89/24; OLG Stuttgart v. 10.3.2025 - 4 W 21/25) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Einmeldung von Positivdaten ggf. sehr erhebliche wirtschaftliche Folgen für den Betroffenen haben kann.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
BGH: Ausgleichsfunktion des immateriellen Schadensersatzes nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO
BGH vom 28.01.2025 - VI ZR 183/22
CR 2025, 317
CR0077632
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