LG Koblenz v. 27.2.2024 - 11 O 12/23
Unzulässige Verpflichtung zur Kündigungsbestätigung per Telefon
Eine Firma, die gegenüber ihren Kunden behauptet, zur Bestätigung einer schriftlichen Kündigung sei ein Anruf des Kunden notwendig, um dessen Kündigung wirksam werden zu lassen, handelt irreführend iSd UWG. Das LG Koblenz gab einer entsprechenden Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale statt.
Der Sachverhalt:
Die Beklagte bietet, auch gegenüber Verbrauchern, den Abschluss von Dienstleistungsverträgen über Dauerschuldverhältnisse u.a. zur Bereitstellung von Webspeicherplatz, E-Mail-Postfächern und Servern an. Der Kläger, ein eingetragener Verein (Verbraucherzentrale), begehrt von der Beklagten es zu unterlassen, dass die Beklagte auf eine online erklärte Kündigung gegenüber Verbrauchern behauptet, dass zur Wirksamkeit der Kündigung noch ein Telefonat mit der Beklagten erforderlich sei.
Konkret hat ein Kunde seinen Vertrag bei der Beklagten per Internet gekündigt. Der Kunde hat daraufhin von der Beklagten die Mitteilung erhalten, er möge seine Kündigung binnen 14 Tagen telefonisch bestätigen, ansonsten bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.
Der Kläger hat daraufhin die Beklagte abgemahnt und erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Er behauptet, im Fall eines Anrufs nach der Kündigung werde seitens der Beklagten - mittels rhetorischer Kunstfertigkeit oder durch Anbieten anderer Vertragskonditionen - versucht, den Verbraucher zu überzeugen, von seinem Kündigungswillen Abstand zu nehmen. Der Kläger ist zudem der Ansicht, die Mitteilung der Beklagten gegenüber Verbrauchern, dass nach einer Kündigung eine Rückbestätigung erfolgen müsse, stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie enthalte unwahre Angaben über Rechte des Verbrauchers.
Der Kläger beantragt der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungshaft zu vollstrecken an den Mitgliedern der Geschäftsführung, zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern diesen nach einer der Beklagten zugegangenen Kündigungserklärung eines Dienstleistungsvertrages in Form eines Dauerschuldverhältnisses mitzuteilen, die telefonische Bestätigung der erklärten Kündigung sei erforderlich.
Die Beklagte ist der Ansicht, ohne die telefonische Rückbestätigung der Kündigung bestehe das Risiko, dass unberechtigte Dritte den Vertrag eines Kunden kündigen könnten. Auch für den Fall einer Kündigung nach § 312k BGB sei es für die Beklagte erforderlich, sich davon zu überzeugen, dass die Kündigung auch vom Erklärenden stammt. Dabei biete ein fernmündliches Gespräch ein Mehr an Sicherheit verglichen etwa mit einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail. Es finde keine Irreführung des Verbrauchers statt. Außerdem werde eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers nicht beeinflusst.
Das LG hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG. Der Kläger als Verein, der sich satzungsgemäß u.a. der Durchsetzung von Verbraucherinteressen und -rechten widmet, ist aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 4 UKlaG.
Das Vorgehen der Beklagten, den Verbraucher aufzufordern, seine Kündigung innerhalb von 14 Tagen telefonisch zu bestätigen, stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Dazu gehören auch Verhaltensweisen, die auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder das Verhindern einer Geschäftsbeendigung gerichtet sind. Diese geschäftliche Handlung der Beklagten ist gem. § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, da sie gemäß § 5 Abs. 1 UWG unlauter ist. Danach handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Vorgehensweise der Beklagten ist als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG einzustufen. Demnach ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthält. Erfasst sind auch irreführende Angaben über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung bestimmter Rechte, zu denen auch das Kündigungsrecht zählt. Auch wenn die Beklagte ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung haben kann, wäre eine solche vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre als ein Telefonat. Auch während eines Telefonats ist es der Beklagten nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Person ihres Gesprächspartners zu verschaffen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es einem unbefugten Dritten, der sich Zugang zu der Kundennummer, der Vertragsnummer und dem E-Mail-Konto des wahren Vertragspartners verschafft hat, auch gelänge, in einem Telefonat über seine Identität zu täuschen.
Die Vorgehensweise der Beklagten ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte stellt den Verbraucher nach Zugang seiner Kündigung vor die Wahl, seine Kündigung nicht telefonisch zu bestätigen und in der Folge das Vertragsverhältnis fortzusetzen oder innerhalb von 14 Tagen telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Es wird dadurch eine zusätzliche Entscheidung des Verbrauchers verlangt, ob er an der Ausübung seines Kündigungsrechts festhalten will. Ohne die irreführende Aufforderung der Beklagten würde der Verbraucher weder die eine noch die andere Entscheidung treffen.
Die erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich daraus, dass die Beklagte eingeräumt hat, dass die beanstandete Vorgehensweise der Beklagten deren übliche Vorgehensweise ist.
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