OLG Hamburg v. 31.8.2023 - 5 U 27/22

Unternehmen haften nicht wettbewerbsrechtlich für rein private Äußerungen von Mitarbeitern auf Social-Media-Plattformen

Unternehmen haften nicht für private Äußerungen von Mitarbeitern gegenüber der Konkurrenz auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Linkedin. In solch einem Fall fehlt es bereits an einer wettbewerbswidrigen Handlung des Mitarbeiters, die dem jeweiligen Unternehmen gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden könnte. Dies gilt auch dann, wenn die Kommunikation öffentlich zugänglich ist.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin bietet digitale Unternehmensberatung an und coacht in den Bereichen des Onlinemarketings, der betrieblichen Prozessoptimierung und des Vertriebs. Die Beklagte bietet ebenfalls Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensberatung / des E-Commerce auf dem deutschsprachigen Markt an. Ein Mitarbeiter hatte sich im Januar 2020 in einer Gruppe seiner Facebook-Freunde an einer Diskussion über Spam-Nachrichten zur Akquise von Neu-Kunden durch die Geschäftsführer der Klägerin beteiligt. Hierzu postete er wörtlich:

„Die B. Brüder haben wegen diesen und einigen anderen Methoden bereits einige Strafverfahren bekommen.“

Daraufhin wurde die Beklagte von der Klägerin abgemahnt. Die Klägerin war der Ansicht, dass die unwahre Aussage des Mitarbeiters der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei. Das Tatbestandsmerkmal „in einem Unternehmen“ gem. § 8 Abs. 2 UWG sei besonders weit auszulegen.

Das LG hat die Unterlassungsklage abgewiesen. Das OLG hat dies im Berufungsverfahren bestätigt. Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch aus §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1 und/oder Nr. 2, 8 Abs. 1, 2 und 3 UWG zu.

Zwar ist die Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten grundsätzlich aktivlegitimiert. Die streitgegenständliche Äußerung des Mitarbeiters der Beklagten führte jedoch nicht dazu, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch nach §§ 4 Nr. 1 und/oder Nr. 2, 8 Abs. 2 UWG zusteht. Es fehlte bereits an einer wettbewerbswidrigen Handlung des Mitarbeiters, die der Beklagten gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden könnte.

Werden Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind gem. § 8 Abs. 2 UWG der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet. Voraussetzung einer Haftung des Unternehmens ist hiernach, dass der Mitarbeiter oder Beauftragte selbst eine Zuwiderhandlung gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften begangen hat (arg. „auch“). § 8 Abs. 2 UWG greift also nicht ein, wenn der Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG gegen den Mitarbeiter oder Beauftragten (z.B. wegen Fehlens einer geschäftlichen Handlung oder wegen zulässiger Abwehr) nicht entstanden ist.

Die angegriffene Äußerung stellte zwar eine unwahre Tatsachenbehauptung über Mitglieder der Unternehmensleitung der Klägerin dar. Allerdings konnte keine geschäftliche Handlung des Mitarbeiters der Beklagten festgestellt werden. Sowohl § 4 Nr. 1 UWG als auch § 4 Nr. 2 UWG setzen jedoch eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F./§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG n.F. voraus. Bei objektiver Betrachtung der Gesamtumstände war die Äußerung des Mitarbeiters nicht darauf gerichtet, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern. Aus Sicht eines objektiven Betrachters handelte es sich vielmehr um eine rein private Äußerung, die allein privaten Zwecken diente. Unabhängig davon, ob diese Facebook-Kommunikation öffentlich zugänglich war, war die Kommunikation privater Natur.

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Aufsatz:
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.10.2023 09:02
Quelle: Landesrecht Hamburg

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