AG Düsseldorf v. 10.1.2023 - 37 C 124/22

Klicken auf Online-Button "Bußgeld jetzt abwehren" begründet keinen Anwaltsvertrag

Ein Rechtsanwalt, der seine Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr anbietet, genügt den Anforderungen gemäß § 312j Abs. 3 S.2 BGB nicht, wenn er den Button (Schaltfläche), über den der Vertragsschluss erfolgt, mit den Worten „Bußgeld jetzt abwehren“ beschriftet. Der Ausschluss gem. § 312j Abs. 5 S.1 BGB greift nicht, wenn vorhergehende Kommunikation – wie die Übersendung von Unterlagen der Rechtsschutzversicherung – in einem automatisierten Verfahren ohne individuellen auf den jeweiligen Mandanten zugeschnittenen Inhalt erfolgt ist.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und bietet seine Dienstleistungen auch im elektronischen Geschäftsverkehr an. Er hat den Beklagten auf Zahlung einer Selbstbeteiligung wegen Rechtsanwaltshonorar in Anspruch genommen. Der Kläger behauptete, der Beklagte habe am 11.8.2019 einen Rechtsanwaltsvertrag hinsichtlich der Überprüfung des Vorgehens gegen einen Bußgeldbescheid geschlossen, indem er in einer Email des Klägers auf die Schaltfläche "Bußgeld jetzt abwehren" geklickt habe.

Gegen den Beklagten ist ein Vollstreckungsbescheid über 150 € Rechtsanwaltshonorar ergangen. Das AG hat die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids abgewiesen.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten gem. §§ 611 Abs. 1, 675 BGB auf Zahlung von 150 €.

Zwischen den Parteien ist gem. § 312j Abs. 4 BGB kein Anwaltsvertrag zustande gekommen, indem der Beklagte am 11.8.2019 um 01:17 Uhr die Schaltfläche „Bußgeld jetzt abwehren!“ aus der E-Mail des Klägers vom 10.8.2019 um 12:51 angeklickt hatte. Der Kläger hat nämlich mit der Beschriftung der Schaltfläche gegen seine Pflichten aus § 312j Abs. 3 BGB verstoßen. § 312j BGB ist auf Anwaltsverträge anwendbar. Der in Rede stehende Anwaltsvertrag ist ein Verbrauchervertrag.

Bei dem Bestellbutton mit der Beschriftung „Bußgeld jetzt abwehren!“ handelt es sich um eine Schaltfläche i.S.d. § 312j Abs. 3 S. 2 BGB. Der Begriff der Schaltfläche ist weit zu verstehen. Eine Schaltfläche ist jedes grafische Bedienelement, das dem Anwender erlaubt, eine Aktion in Gang zu setzen oder dem System eine Rückmeldung zu geben. Und dies ist hier der Fall. Der Kläger hat die Schaltfläche „Bußgeld jetzt abwehren!“ nicht mit Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“, oder mit einer entsprechenden gleichwertigen Formulierung beschriftet. Die Formulierung für sich allein stellt infolgedessen keine entsprechende eindeutige Formulierung i.S.d. § 312j Abs. 3 S. 2 BGB dar.

Eine gleichwertige Formulierung liegt u.U. vor, wenn die vertragliche Bindung und die Zahlungspflicht vermittelt werden. Die Schaltfläche ist so zu beschriften, dass der Verbraucher im Zeitpunkt der Abgabe seiner vertragsrelevanten Erklärung eindeutig und unmissverständlich darüber informiert wird, dass seine Bestellung eine finanzielle Verpflichtung auslöst. Sie muss in ihrer Eindeutigkeit der Aussage der Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“ mindestens ebenbürtig sein. Die Beschriftung der Schaltfläche mit der Formulierung „Bußgeld jetzt abwehren!“ erfüllt diese Anforderungen hingegen nicht. Mit dieser Bezeichnung wird dem Verbraucher gerade nicht mitgeteilt, dass durch das Betätigen der Schaltfläche direkt eine vertragliche Bindung zwischen ihm und dem Rechtsanwalt eingegangen wird. Zudem wird mit dieser Formulierung die Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers nicht vermittelt, da hierauf nicht hingewiesen wird und insbesondere keine Angaben zu den Kosten mitgeteilt werden.

Insofern kommt es nicht darauf an, ob im Zusammenhang mit dem Text oberhalb des Buttons eindeutig erkennbar ist, dass ein zahlungspflichtiger Rechtsanwaltsvertrag geschlossen wird, denn für die Bestimmung des Sinngehalts ist gem. Art. 8 Abs. 2 Verbraucherrechte-RL ausschließlich auf den Inhalt der Schaltfläche abzustellen. Wegen der Beschränkung auf den Inhalt der Schaltfläche ist es auch unerheblich, dass der Beklagte zuvor Unterlagen der Rechtsschutzversicherung übersandt haben soll, zumal sich hieraus gerade kein Hinweis ergibt, dass der Beklagte teilweise auch selbst zahlungspflichtig ist. Der Kläger wendet ein automatisiertes Verfahren mit Textbausteinen an. Es ist nicht ersichtlich, dass auf den Einzelfall bezogen kommuniziert worden ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.03.2023 13:09
Quelle: Justiz NRW

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