BGH v. 20.9.2022 - XI ZB 14/22

beA: Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes

Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt nach der Zwangsversteigerung ihrer Immobilie, die auf Betreiben der Beklagten durchgeführt wurde, von letzterer die Zahlung von Schadensersatz. Das LG wies die Klage ab. Das Urteil wurde der Klägerin am 13.10.2021 zugestellt. Hiergegen legte sie am 13.11.2021 Berufung ein. Die Frist zur Begründung der Berufung lief am 13.1.2022 ab. An diesem Tag ging aus dem beA des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei dem OLG eine Nachricht ein, der kein pdf-Dokument als Anhang beigefügt war. Am 14.1.2022 ging eine elektronische Nachricht aus dem beA des Klägervertreters mit der Berufungsbegründung vom 13.1.2022 (Dateiname: "Scan_0178.pdf") als Anhang bei dem OLG ein.

Nach einem Hinweis des OLG auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung behauptete die Klägerin mit am 2.2.2022 eingegangenem Schriftsatz, die Berufungsbegründung sei am 13.1.2022 an das OLG übermittelt worden, und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung machte sie geltend, ihr Prozessbevollmächtigter habe am 13.1.2022 anhand der Angaben am Ende des Prüfprotokolls unter der Überschrift "Zusammenfassung Prüfprotokoll" zu Übermittlungscode, Meldungstext und Status überprüft, dass die Übermittlung erfolgreich gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss verwarf das OLG die Berufung der Klägerin als unzulässig, weil die Berufungsbegründung nicht vor Ablauf des 13.1.2022 eingereicht worden sei und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist nicht vorlägen. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung genüge ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er anhand des Sendeprotokolls überprüfe oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lasse, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei. Gleiches gelte für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per beA an das Gericht. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordere dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden sei. Diese Eingangsbestätigung beziehe sich nicht auf die elektronische beA-Nachricht, sondern auf das elektronische Dokument i.S.v. § 130a Abs. 1 ZPO, also etwa einen Schriftsatz und seine Anlagen. Hier bestätige das von dem Kläger für den 13.1.2022 vorgelegte Prüfprotokoll nur den Eingang der Nachricht und gerade nicht den Eingang der Berufungsbegründung beim Berufungsgericht, weil darin kein Anhang mit der Bezeichnung "Scan_0178.pdf" aufgeführt sei.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat der Klägerin zu Recht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Denn die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beruht auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.

Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und ggf. erneuten Übermittlung veranlassen. Daher darf von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes an das Gericht nicht ausgegangen werden, wenn in der Eingangsbestätigung in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung oder in der Exportdatei in dem Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" nicht als Meldetext "request executed" und als Übermittlungsstatus "erfolgreich" angezeigt wird.

Allerdings ist für das Vorliegen einer Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auch erforderlich, dass gerade der Eingang des elektronischen Dokuments i.S.v. § 130a Abs. 1 ZPO, das übermittelt werden sollte, hier also der Berufungsbegründung, bestätigt wird. Die Bestätigung der Versendung irgendeiner Nachricht oder irgendeines Schriftsatzes genügt nicht. Dementsprechend hat der BGH in Bezug auf die abendliche Ausgangskontrolle des elektronischen Postfachs bereits entschieden, dass es jedenfalls nicht genügt, dass die Feststellung der Versendung irgendeines Schriftsatzes mit dem passenden Aktenzeichen erfolgt, sondern anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens auch zu prüfen ist, welcher Art der Schriftsatz war. Deshalb reicht es nach der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze mittels beA für die erforderliche Überprüfung, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist, nicht aus, die angezeigte Eingangsbestätigung daraufhin zu kontrollieren, ob als Meldetext "request executed" und als Übermittlungsstatus "erfolgreich" angezeigt wird.

Vielmehr ist anhand des zuvor vergebenen Dateinamens auch zu prüfen, ob sich diese Meldung auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist diese Kontrolle nicht nur anhand der Angaben in dem Abschnitt "Zusammenfassung und Struktur", Unterpunkt "Inhaltsdatencontainer", des Prüfprotokolls möglich. Denn die übersandten Dateien sind sowohl in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung als auch in der Exportdatei (dort unter der Überschrift "Anhänge") mit "Dateiname", "Bezeichnung", "Anhangstyp" und "Größe" jeweils oberhalb des Meldetextes aufgeführt. Die nach dieser Rechtsprechung geforderten Sorgfaltspflichten, von denen auch das OLG ausgegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorliegend nicht erfüllt. Denn nach deren eigenem Vortrag hat er das vom OLG erhaltene Prüfprotokoll am 13.1.2022 nur hinsichtlich der Angaben in dem Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" überprüft, nicht aber im Hinblick auf die mit der Nachricht übermittelten Anhänge.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)
Hans Christian Schwenker, MDR 2022, 671

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.10.2022 15:24
Quelle: BGH online

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