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§ 548a BGB - neue Regelung zur Miete digitaler Produkte - Bedeutung, Geltungsbereich, Anwendungsbeispiele (Redeker, ITRB 2022, 187)

Von vielen zunächst unbemerkt hat der Gesetzgeber im Rahmen der Einführung verbraucherrechtlicher Regelungen über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen auch einen neuen § 548a BGB in das BGB eingefügt, nach dem für Mietverträge über digitale Produkte die Regelungen des Sachmietrechts analog gelten. Der Beitrag analysiert in einem ersten Teil, welche Bedeutung diese Neuregelung hat und warum sie für alle Verträge und nicht nur für Verbraucherverträge gilt. In einem zweiten Teil stellt er dar, welche konkreten Regeln aus dem Sachmietrecht auf Mietverträge über digitale Produkte Anwendung finden. Der letzte Teil zeigt anhand von Beispielen, welche Vertragsbeziehungen dem § 548a BGB unterfallen.

1. Inhalt der Neuregelung
2. Anwendbare Regelungen im Einzelnen
3. Anwendungsfälle


1. Inhalt der Neuregelung

Im Rahmen der Ergänzung des BGB durch Einführung der verbraucherrechtlichen Vorschriften über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen in den § 327 ff. BGB hat der Gesetzgeber auch eine neue Vorschrift in das Mietrecht eingefügt. § 548a BGB bestimmt, dass die Vorschriften über die Miete von Sachen auf die Miete digitaler Produkte entsprechend anzuwenden sind.

Der Wortlaut dieser Norm wirft Zweifel auf: Dass Mietregeln auf Mietverträge anzuwenden sind, versteht sich eigentlich von selbst. Bislang bestimmte § 535 BGB freilich, dass Mieter im Rahmen von Mietverträgen während der Mietzeit Mietsachen gegen Entgelt in Gebrauch nehmen konnten. Daraus schloss die ganz h.M., dass Mietgegenstände nur Sachen sein könnten. Mietverträge gab es grundsätzlich nur über Sachen. Diese Einschränkung will der Gesetzgeber mit dieser Norm aufgeben. Er formuliert dies aber nicht klar – etwa mit der Formulierung „Gegenstand eines Mietvertrages können auch digitale Produkte sein. Auf solche Verträge sind die Vorschriften der §§ 535 ff. analog anwendbar.“ Vielmehr spricht er unmittelbar von Mietverträgen über digitale Gegenstände, auf die die Regeln des Sachmietrechts entsprechende Anwendung finden sollen. Dies erweckt zumindest den Eindruck, es gebe Mietverträge auch über anderes als Sachen, etwa über Rechte oder Vermögensgesamtheiten – für den Spezialfall der Miete digitaler Produkte gelten jedoch die Sachmietregeln analog. Nach der Gesetzesbegründung ist dies aber nicht gemeint. Gemeint ist nur, dass Sachmietrecht auf die Miete digitaler Produkte analog Anwendung finden soll. Eine weitere Bedeutung hat die Norm nicht.

Die Vorschrift gilt auch nicht nur für Verbraucherverträge. Dies wird von einigen zwar – wie dem Verfasser gelegentlich bei Diskussionen entgegengehalten wird – aus der Bezugnahme der Vorschrift auf digitale Produkte hergeleitet. Dieser Begriff werde in § 327 Abs. 1 BGB definiert und diese Norm gelte nur für Verbraucherverträge. Allerdings sieht § 327 Abs. 1 Satz 1 BGB als Anwendungsbereich der folgenden Normen Verbraucherverträge über digitale Produkte vor. Würde der Begriff digitale Produkte nur für Verbraucherverträge gelten, könnte die Norm auch so gefasst sein, dass der folgende Abschnitt für Verträge über digitale Produkte gilt. So wird aber nicht formuliert. Schon daraus kann man schließen, dass der Begriff digitale Produkte nicht nur für Verbraucherverträge definiert wird und daher aus seiner Verwendung in einer Norm nicht geschlossen werden kann, dass diese Norm nur für Verbraucherverträge gilt. Darüber hinaus ist dem Wortlaut und der Stellung des § 548a BGB eine Beschränkung der Geltung auf Verbraucherverträge nicht zu entnehmen. Er findet sich im allgemeinen Teil des Mietrechts – ohne Hinweis darauf, dass er nur für Verbraucherverträge gilt.

Zuzugeben ist dieser Auffassung zwar, dass digitale Produkte der Oberbegriff für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen ist und digitale Dienstleistungen als Dienstleistungen mit IT-Bezug für Verbraucher definiert werden (§ 327 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei digitalen Inhalten gibt es aber eine solche Einschränkung nicht. Der Verweis auf Verbraucher in § 327 Abs. 1 Satz 2 BGB dürfte außerdem grammatikalische und nicht inhaltliche Gründe haben.

Es hat auch wenig Sinn, Verbraucherverträge über die zeitweilige Bereitstellung von Software z.B. über SaaS § 548a BGB zu unterwerfen, Zwischenunternehmensverträge oder Verträge zwischen Verbrauchern aber nicht. Das müsste ja zur Konsequenz haben, dass auf SaaS-Verträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern Sachmietrecht analog anzuwenden ist, auf die gleichen Verträge zwischen Unternehmen aber nicht. Dass ist schlicht falsch. Auf SaaS-Verträge werden auch jetzt schon von Rspr. und Lehre Mietvertragsregeln analog angewandt. In diesem Zusammenhang spricht die Gesetzesbegründung auch ausdrücklich davon, dass die Norm insoweit nur klarstellenden Charakter hat. Von einer Unterscheidung zwischen Verbraucherverträgen und anderen Verträgen ist hier nicht die Rede. Das BGH-Urteil, auf das sich auch die Gesetzesbegründung bezieht, betrifft einen Unternehmensvertrag, offenbar ohne dass das für den Gesetzgeber eine Bedeutung hat. Der Gesetzgeber möchte für alle Verträge Klarheit schaffen und weitere Diskussionen auch über...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.07.2022 17:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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