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Das neue TTDSG aus Sicht der Telemedien (Piltz, CR 2021, 555)

Rechtsklarheit – dies ist eines der Ziele des Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG). Erstmals wird damit in Deutschland auch eine Vorschrift für Einwilligungen beim Einsatz von Cookies und anderen Technologien geschaffen. Der Wille des Gesetzgebers bestand vor allem darin, erforderliche Anpassungen der Datenschutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des Telemediengesetzes (TMG) an die EU Datenschutz-​Grundverordnung (DSGVO) vorzunehmen und für eine „rechtssichere Umsetzung der Regelung zum Schutz der Privatsphäre in Endeinrichtungen“ der RL 2002/58/EG (in der durch die RL 2009/136/EG geänderten Fassung) (ePrivacy-​RL) in nationales Recht vorzunehmen. Im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre beim Speichern und Auslesen von Informationen auf Endeinrichtungen, insbesondere durch Cookies, erfolgt die Aufnahme einer Regelung zum Einwilligungserfordernis, die eng am Wortlaut der Vorgaben der ePrivacy-​RL orientiert ist. Ob diese Ziele jedoch in dem praktisch relevanten Bereich des Angebots von Telemedien, also von Webseiten und Apps, tatsächlich erreicht wurde, wird in diesem Beitrag untersucht.

Anwendungsbereich, Tracking und Aufsichtsbehörden

INHALTSVERZEICHNIS:

I. Anwendungsbereich für Telemedien

1. Verhältnis zwischen DSGVO, e‑Privacy-RL und TTDSG

a) Durch Zielkongruenz limitierter Vorrang der ePrivacy-RL

b) Modifizierter Anwendungsbereich des TTDSG

2. Regelungsbereiche (relevant für Telemedien)

3. Räumlicher Anwendungsbereich

a) Niederlassung in Deutschland

b) „Erbringen“ von Dienstleistungen oder „daran mitwirken“

II. Begriffsbestimmung „Endeinrichtung“

III. Technische Schutzmaßnahmen und Datenminimierung

IV. Vorgaben für das Tracking

1. Grundsatz: Einwilligung erforderlich (Abs. 1)

2. Ausnahmen vom Erfordernis der Einwilligung (Abs. 2)

a) Einzelne Voraussetzungen

b) Anerkannte Ausnahmen vom Erfordernis der Einwilligung

V. Dienste zur Einwilligungsverwaltung

VI. Sanktionen und behördliche Aufsicht

1. Bußgelder

2. Behördliche Aufsicht und Zuständigkeiten

VII. Ausblick

 


 

 

I. Anwen­dungs­be­reich für Telemedien

1

Zurecht hat der Gesetz­geber erkannt, dass das Neben­ein­ander von DSGVO, TMG und TKG zu Rechts­un­si­cher­heiten bei Verbrauchern, bei Anbietern von Teleme­di­en­diensten und bei den Aufsichts­be­hörden führt.1 Daher soll mit dem (Telekom­mu­ni­kation-Telemedien-Daten­schutz­gesetz) TTDSG eine geschlossene gesetz­liche Reglung zum Daten­schutz und zum Schutz der Privat­sphäre in der Telekom­mu­ni­kation und bei Telemedien geschaffen werden, die von den übrigen Bestim­mungen des TMG-neu2 und des TKG-neu getrennt ist.

 

1. Verhältnis zwischen DSGVO, e‑Privacy-RL und TTDSG

2

Bevor auf die einzelnen Regelungs­be­reiche des TTDSG einge­gangen wird, ist, quasi vor der Klammer, der zukünftige regula­to­rische Rahmen abzustecken. Auf europäi­scher Ebene stehen die DSGVO und die e‑Privacy-RL, soweit beide Gesetze Anwendung finden, in einem Verhältnis von genereller (DSGVO) zu spezi­eller (e‑Privacy-RL) Regelung.3 Die e‑Privacy-RL (und damit auch eine nationale Umsetzung) bezweckt eine „Detail­lierung und Ergänzung“ der Bestim­mungen der DSGVO in Bezug auf die Verar­beitung perso­nen­be­zo­gener Daten im Bereich der elektro­ni­schen Kommu­ni­kation.4 In Situa­tionen, in denen die e‑Privacy-RL Vorschriften der DSGVO „detail­liert“ (d.h. spezi­fi­scher ausführt), müssen die (spezi­fi­schen) Bestim­mungen der e‑Privacy-RL als „lex specialis“ Vorrang vor den (allge­mei­neren) Bestim­mungen der DSGVO haben.5 Dies wird durch Art. 95 DSGVO klarge­stellt. Genau betrachtet geht es stets um nationale Umset­zungs­maß­nahmen von Vorschriften der e‑Privacy-RL.6

 

a) Durch Zielkon­gruenz limitierter Vorrang der ePrivacy-RL

3

Der gemeinsame und parallel verlau­fende Anwen­dungs­be­reich beider europäi­schen Gesetze betrifft die Verar­beitung perso­nen­be­zo­gener Daten. Liegen keine perso­nen­be­zo­genen Daten vor, ist die DSGVO nicht anwendbar; eventuell aber die e‑Privacy-RL (und ihre Umset­zungen im TTDSG), die zum Teil bereits bei der Verwendung von nicht-perso­nen­be­zo­genen Daten gilt.7 Soweit es um eine Verar­beitung perso­nen­be­zo­gener Daten geht, gilt für diese die nationale Umsetzung der e‑Privacy-RL, soweit deren Anwen­dungs­be­reich eröffnet ist. Nachfol­gende Verar­bei­tungen perso­nen­be­zo­gener Daten, die von keiner Spezi­al­re­gelung der e‑Privacy-RL erfasst werden, müssen die allge­meinen Vorgaben der DSGVO beachten.8

4

Dieser Vorrang der e‑Privacy-RL vor der DSGVO geht jedoch nur so weit, wie die e‑Privacy-RL mit ihren Pflichten dasselbe Ziel wie eine entspre­chende DSGVO-Pflicht verfolgt.9 Wann dasselbe Ziel verfolgt wird (und die gegenüber der DSGVO in Art. 95 DSGVO angeordnete Vorrang­wirkung der e‑Privacy-RL eintritt) kann nur anhand eines Abgleichs der Ziele der daten­schutz­recht­lichen Pflichten der RL 2002/58/EG mit jenen Zielen von Pflichten verglichen werden, die sich aus der DSGVO ergeben.10

 

b) Modifi­zierter Anwen­dungs­be­reich des TTDSG

5

Für das TTDSG bedeutet dieses Normen­ge­flecht einen einge­schränkten Anwen­dungs­be­reich. Geht es um eine Verar­beitung perso­nen­be­zo­gener Daten, kann das TTDSG nur in zwei Fällen anwendbar sein: (…)

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.08.2021 10:20

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