LG Frankfurt a.M. v. 12.1.2021, 3-06 O 7/20

Auf Kosten für Check-In am Flughafen ist bereits bei Online-Buchung hinzuweisen

Die Check-In-Gebühren für ein Einchecken am Schalter im Flughafen sind fakultative Zusatzkosten i.S.v. Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Luftverkehrsdienste-VO. Dies hat zur Folge, dass die Gebühren auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs (hier: Online-Buchung) mitgeteilt werden müssen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verein, der sich satzungsgemäß unter anderem der Durchsetzung von Verbraucherinteressen und -rechten widmet. Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Dublin. Zum Absatz ihrer Flugeisen auf dem deutschen Markt betreibt sie einen deutschsprachigen Internetauftritt, über den man Flugverbindungen auswählen und online buchen kann. Bei Flugreisen im sog. Standardtarif sowie im „Plus“-Tarif verlangt die Beklagten von den Fluggästen eine Gebühr von 55 € pro Person, wenn diese den Check-In am Flughafen vornehmen. Der Check-In ist nur dann kostenfrei, wenn der Fluggast online und mind. 2 Stunden vor Abflug eincheckt. Ein solcher Online-Check-In ist für die Kunden nur bis zwei Stunden vor dem Abflug möglich. Im Verlauf eines Buchungsvorgangs findet sich kein Hinweis auf die bei einem Check-In am Flughafen anfallenden Kosten.

Im Rahmen der „Preisaufschlüsselung“ werden die vom Verbraucher ausgewählten Leistungen zusammengefasst und ein Gesamtpreis ausgewiesen. Dabei wird an keiner Stelle erwähnt, dass sich der Gesamtpreis im Falle eines Check-Ins am Flughafen um 55 € erhöht. Diese Information kann der Kunde lediglich in Art. 6.2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten entnehmen, die vor der Online-Buchung nicht zwingend aufgerufen werden müssen. Der Kunde muss sie jedoch vor Abschluss der Buchung bestätigen. Die Beklagte sendet an ihre Kunden zudem zwei Tage vor Abflug eine E-Mail, aus der sich die Kosten des „Check-In“ am Flughafen ergeben, verbunden mit der Aufforderung, online für den Flug einzuchecken. Auch am „Check-In“-Schalter am Flughafen selbst weist die Beklagte auf die Gebühr hin.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte verstoße mit dem Buchungsvorgang gegen Art. 23 der Luftverkehrsdienste-VO, da sie den Verbraucher nicht darüber aufkläre, dass für den Check-In an einem Schalter eine gesonderte Gebühr berechnet wird. Dabei seien auch fakultative Kosten eine wesentliche Information, die der Kunde vor seiner Entscheidung zum Kauf benötige. Zudem liege aufgrund der fehlenden Information ein Verstoß gegen § 312j Abs. 1, 2 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1S. 1 Nr. 1 EGBGB vor.

Das LG gab der Unterlassungsklage wegen der Verletzung von Wettbewerbsrecht in vollem Umfang statt.

Die Gründe:
Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist international zuständig gem. Art. 7 Ziffer 2 EugVVO. Da die angegriffene Verletzungshandlung ein Angebot im Internet ist, tritt der Erfolg an jedem Ort ein, an dem es bestimmungsgemäß abgerufen werden kann.

Der Klageschrift geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG i.V.m. Art. 23 der Luftverkehrsdienste-VO begründet. Der Beklagten liegt ein Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG zur Last. Ein solcher ist gegeben, wenn die Beklagte dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach Abs. 4 der Norm gelten als wesentlich i.S.d. Abs. 2 auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

Nach Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Luftverkehrsdienste-VO werden fakultative Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf „Opt-in“-Basis. Bei den Informations- und Transparenzanforderungen des Art. 23 Abs. 1 Luftverkehrsdienste-VO handelt es sich um wesentliche Informationen i.S.d. § 5a Abs. 4 UWG. Ohne Erfolg wandte die Beklagte die fehlende Wesentlichkeit der Information ein. Auf die Entscheidung der Frage, ob 99 % der Fluggäste (der Beklagten) ohnehin keinen Schalter-Check-In wählen würden, kam es nämlich nicht an.

Aus Art. 7 Abs. 5 der UGP-RL folgt die Wertung, dass unionsrechtlich vorgesehene Informationspflichten zugunsten von Verbrauchern stets als wesentliche Informationen anzusehen sind. Es kommt also nicht darauf an, aus welchen Gründen die Informationspflichten bestehen und ob Verbraucher auf diese Informationen tatsächlich für ihre geschäftliche Entscheidung angewiesen sind. Im Übrigen kann es nicht auf die Anzahl der Fluggäste der Beklagten ankommen, sondern auf die Gesamtheit der Fluggäste, da es keinen Teilmarkt betreffend der Flüge gibt.

Die streitgegenständlichen Check-In-Gebühren für ein Einchecken am Schalter im Flughafen sind fakultative Zusatzkosten i.S.v. Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Luftverkehrsdienste-VO (EuGH-Urt. v. 23.4.2020, Az. C-28/19). Dies hat zur Folge, dass diese Gebühren auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden müssen.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.04.2021 14:22
Quelle: LaReDa Hessen

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