Aktuell im ITRB

Verbraucherverträge über digitale Produkte (Lejeune, ITRB 2021, 87)

Der Gesetzgeber hat am 5.10.2020 einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Richtlinie 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (DID-RL) in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Der Entwurf fügt im BGB einen Titel „Verträge über digitale Produkte“ ein. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzentwurfs dar.


1. Einführung des Prinzips „Bezahlen mit Daten“ bei Verbraucherverträgen

2. Anwendungsbereich

a) Ausnahmen

b) Verzicht auf vertragstypologische Einordnung

3. Wesentliche Regelungsinhalte

a) Bereitstellung digitaler Produkte

b) Vertragsmäßigkeit digitaler Produkte

c) Gewährleistungsrecht

4. Sonstige Regelungen

5. Änderungen an anderen Positionen im BGB

6. Umsetzungsfrist und Inkrafttreten

7. Fazit


1. Einführung des Prinzips „Bezahlen mit Daten“ bei Verbraucherverträgen

Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der DID-RL enthält eine wichtige Änderung zu § 312 BGB. In Abs. 1a wird geregelt, dass die Kap. 1 (Anwendungsbereich und Grundsätze bei Verbraucherverträgen) und 2 (Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge) dieses Untertitels auch auf Verbraucherverträge anzuwenden sind, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich dazu verpflichtet. Dies gilt nach § 312 Abs. 1a Satz 2 BGB-E nicht, wenn der Unternehmer die Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen und keine Verarbeitung zu einem anderen Zweck erfolgt. Damit wird erstmals ausdrücklich anerkannt, dass die Bereitstellung personenbezogener Daten durch einen Verbraucher im Rahmen eines Vertrags mit einem Unternehmen als Gegenleistung anzusehen ist, die einer entgeltlichen Leistung (Zahlung eines Preises) gleichwertig ist. Die Begründung zum Gesetzentwurf führt aus, dass bereits nach geltendem Recht die §§ 312 ff. BGB auf Verträge Anwendung finden, bei denen der Verbraucher mit personenbezogenen Daten „bezahlt“. Insofern handelt es sich bei dieser Regelung lediglich um eine Klarstellung. Der Begriff „personenbezogene Daten“ ist i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO zu verstehen. Auf die Frage der datenschutzrechtlichen Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach der DSGVO kommt es für die Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB nicht an, zumal der Verbraucher in der Regel nicht beurteilen kann, ob sich der Unternehmer in datenschutzrechtlicher Sicht rechtskonform verhält.

2. Anwendungsbereich

Der Gesetzentwurf betrifft Verbraucherverträge, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen (sog. digitale Produkte) durch den Unternehmer gegen Zahlung eines Preises als Gegenleistung zum Gegenstand haben, vgl. § 327 Abs. 1 BGB-E.

Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte sind Verträge, die Daten betreffen, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden, wie Apps, Computerprogramme, digitale Spiele, E‑Books, Video‑, Musik- und Audiodateien. Es kann sich auch um maßgeschneiderte Inhalte handeln, die vom Unternehmen nach einer Spezifikation des Verbrauchers entwickelt werden, vgl. § 327 Abs. 4 BGB-E, z.B. um eine speziell für den Kunden entwickelte Software.

Bei digitalen Dienstleistungen muss die digitale Natur der Leistung ein Hauptgegenstand des Vertrags sein. Es ist nicht ausreichend, wenn persönliche Dienstleistungen lediglich mit digitalen Mitteln erbracht werden (z.B. Beratungsleistungen). Digitale Dienstleistungen ermöglichen insb. die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form sowie den Zugriff auf Daten einschließlich Software as a Service, § 327 Abs. 2 BGB-E. Beispiele für derartige digitale Dienstleistungen sind z.B. Video- und Audioinhalte und andere Formen des Datei-Hostings, Textverarbeitung oder Spiele, die in einer Cloud Computing Umgebung angeboten werden. Nach § 327 Abs. 2 Nr. 2 BGB-E können digitale Produkte oder Dienstleistungen auch gegeben sein, wenn diese dem Verbraucher die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen. Damit sind Apps erfasst, bei denen Nutzer Inhalte eingeben und mit anderen Nutzern oder dem Anbieter interagieren können, d.h. soziale Netzwerke oder Medien, Verkaufs‑, Buchungs‑, Vergleichs‑, Vermittlungs- oder Bewertungsplattformen oder auch gemeinsam genutzte cloudbasierte Textverarbeitung.

Nach § 327 Abs. 3 BGB-E sind auch Verträge einbezogen, bei denen (...)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.03.2021 15:06
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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