Aktuell im ITRB

Vergütungsregelungen in agilen Softwareverträgen (Schirmbacher/Schätzle, ITRB 2020, 16)

Die agile Softwareentwicklung hat die herkömmlichen Entwicklungsmethoden weitgehend abgelöst. Dies gilt jedenfalls für Webprojekte. Viele rechtliche Fragestellungen sind aber noch immer nicht wirklich gelöst. Weitgehende Klarheit besteht dagegen meist über die Frage der grundsätzlich zu zahlenden Vergütung, was vor allem daran liegt, dass vergleichsweise viel Aufwand in die Verhandlung der Vergütung investiert wird. Auch wenn Vergütungsregeln nicht isoliert betrachtet werden können und in Wechselwirkung mit Vertragstyp, geschuldeter (Mitwirkungs-)Leistung und Fristen stehen, soll im Folgenden ein konzentrierter Blick auf verschiedene Möglichkeiten der Regelung der Entlohnung für die Entwicklungsleistungen gerichtet werden.


1. Ausgangssituation

2. Grundsätzliche Vergütungsmodelle

a) Aufwandsbezogene Vergütung: Time & Material

b) Agiler Festpreis

c) Pay per Sprint

3. Absicherung des Auftraggebers bei Time & Material-Verträgen

a) Sinkende Sätze bei Nichterreichung von Zielen

b) Sinkende Sätze mit längerer Laufzeit

c) Umsatzrückvergütung

4. Details beim agilen Festpreis

5. Flexibilisierung des Pay per Sprint

6. Sonstige Vergütungsvarianten

7. Rechnungstellung und Fälligkeit
 

1. Ausgangssituation

Kennzeichen der agilen Softwareentwicklung sind das Fehlen eines Pflichtenhefts, das iterative Vorgehen und die möglichst schnelle Fertigstellung eines lauffähigen Basisprodukts (Minimal Viable Product), das in der Folge gemäß den gemeinsamen Vereinbarungen und Priorisierungen der Parteien verbessert und verfeinert wird. Rechtlich ist fast alles offen; schon die Einordnung als Dienst- oder Werkvertrag ist nicht eindeutig. Best Practice dürfte sein, den Vertrag insgesamt als Dienstvertrag einzuordnen, die einzelnen Sprints aber am Werkvertragsrecht zu messen. Damit ist der Dienstleister zwar für das Erreichen der einzelnen Sprintziele, nicht aber für den Erfolg des Projekts insgesamt verantwortlich. Fehlen anderweitige Vereinbarungen, schuldet der Softwareentwickler weder Budgettreue noch mangelfreie Fertigstellung innerhalb einer vereinbarten Frist.

2. Grundsätzliche Vergütungsmodelle

Die Vergütungsvarianten bei agilen Verträgen sind vielfältig. Allerdings lassen sich drei wesentliche Modelle unterscheiden.

a) Aufwandsbezogene Vergütung: Time & Material

Bei einer rein aufwandsbezogenen Vergütung wird der Auftragnehmer nach Zeitaufwand gemäß den vereinbarten Tagessätzen vergütet (Time & Material). Naturgemäß wird diese Variante von den Dienstleistern bevorzugt, erhalten sie doch entstandenen Aufwand erstattet. Dies entspricht auch dem Grundgedanken des agilen Vertrags als Dienstvertrag.

b) Agiler Festpreis

Immer mehr in Mode kommt der agiler Festpreis. Hierbei wird der Kostenrahmen von den Parteien vorab klar definiert. Eine weitergehende Vergütung wird nicht gezahlt, es sei denn, eine Erweiterung des Budgets wird einvernehmlich festgelegt. Ob mittels des vereinbarten Budgets auch tatsächlich ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht wird, steht auf einem anderen Blatt.

c) Pay per Sprint

Insb. bei längerfristigen agilen Verträgen (etwa solchen ohne feste Laufzeit, bei denen ein festes Team des Dienstleisters exklusiv im Projekt des Auftraggebers tätig ist) wird häufig eine Pauschalvergütung für jede Iteration vereinbart (Pay per Sprint). Es wird also ein Team auf Dienstleisterseite festgelegt, das für eine Pauschale vollständig oder für festgelegte Zeiten für den Auftraggeber tätig wird.

Daneben gibt es unzählige verschiedene Variationen und Kombinationen, die vor allem die Ziel- und Kostenkontrolle für den Auftraggeber zum Gegenstand haben. Grund für Modifikationen sind häufig auch die Incentivierung einer pünktlichen Fertigstellung des Projekts.

3. Absicherung des Auftraggebers bei Time & Material-Verträgen

Eine Abrechnung nach angefallenem Aufwand entspricht dem Grundmodell des agilen Vorgehens. Für den Auftraggeber ist das allerdings problematisch, gibt es doch (...)
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.01.2020 16:27
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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