Am 3.11.2010 hat der BGH in seiner Entscheidung zum Az. VIII ZR 337/09 für den Fernabsatz die Grenze zwischen zulässiger Prüfung der bestellten Ware und Einsetzen der Wertersatzpflicht verbraucherfreundlich gezogen. Denn der Aufbau eines durch Vertragsabschluss im Fernabsatz erworbenen Wasserbetts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar, § 357 Abs. 3 S. 2 BGB a.F. (jetzt S. 3). Der Verbraucher soll Gelegenheit haben, die durch Abschluss eines Fernabsatzvertrags gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Vertragsschluss nicht sehen konnte; dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt.
Der Sachverhalt:
Im August 2008 schlossen die Parteien per E-Mail einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1.265 €. Das Angebot des Beklagten, der die Wasserbetten über das Internet zum Verkauf anbietet, war dem Kläger per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung. Im weiteren Text der E-Mail heißt es: "Im Hinblick auf die o.g. Widerrufsbelehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist."
Das Wasserbett wurde gegen Barzahlung beim Kläger angeliefert. Dieser baute das Wasserbett auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte der Kläger den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Beklagte erstattete lediglich einen Betrag von 258 € und machte geltend, dass das Bett nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei wieder verwertbar.
AG und LG gaben der auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises von 1.007 € gerichteten Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Verkäufers hatte keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger kann trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen, da er die Ware nur geprüft hat.
Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten.
Dabei muss der Verbraucher nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB auch Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Die Wertersatzpflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 S. 2 BGB a.F. (jetzt S. 3) dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Dies war vorliegend der Fall.
Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar. Der Verbraucher soll nach Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatzrichtlinie) und der sie umsetzenden deutschen Regelung grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. Dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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Quelle: BGH PM Nr. 210 vom 3.11.2010