OLG Bamberg v. 17.2.2022, 2 UF 8/22

Zu den Anforderungen an die elektronische Einreichung einer Beschwerdeschrift

Nach § 64 Abs. 2 S. 4 FamFG ist eine Beschwerdeschrift zwingend zu unterschreiben. Die einfache Signatur ist auch bei Einreichung über das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) erforderlich, wenn das Schriftstück nicht qualifiziert signiert ist.Die Deutsche Rentenversicherung Bund unterliegt als Körperschaft des öffentlichen Rechts der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 14b Abs. 1 FamFG.

Der Sachverhalt:
Das AG hatte am 4.11.2020 die Ehe der Antragstellerin und des weiteren Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 12.1.2021 rechtskräftig. Mit am 15.10.2020 eingegangenem Antrag begehrte die Antragstellerin die Aussetzung der Kürzung der Versorgung des weiteren Beteiligten hinsichtlich dessen Anrecht bei der Antragsgegnerin gem. § 33 VersAusglG wegen eines ihr gegen den weiteren Beteiligten zustehenden Unterhaltsanspruchs. Der weitere Beteiligte bezieht seit dem 1.10.2021 eine gesetzliche Altersrente.

Mit Beschluss vom 14.12.2021 hat das AG - Familiengericht - die mit Beschluss vom 4.11.2020 erfolgte Kürzung des Anrechts des weiteren Beteiligten bei der Antragsgegnerin (Die Deutsche Rentenversicherung Bund) mit Wirkung zum 1.10.2021 i.H.v. 1.011 € ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 33 VersAusglG gegeben seien, da die Antragstellerin mangels Erreichen der Regelaltersgrenze keine Versorgung aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalte und ohne die Kürzung der Versorgung des weiteren Beteiligten in der Entscheidung zum Versorgungsausgleich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bestanden hätte

Dieser Beschluss ist der Antragsgegnerin am 22.12.2021 zugestellt worden. Mit am 7.1.2022 beim Familiengericht eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag, eingereicht über ihr elektronisches Behördenpostfach (beBPo), hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Aussetzung der Kürzung des Anrechts des weiteren Beteiligten aufzuheben. Das Schreiben trug weder Unterschrift noch Namensnennung einer verantwortenden Person, sondern endet mit der Formel „Mit freundlichen Grüßen“. Im Kopf des Schreibens ist unter der Anschrift der Antragsgegnerin sowie Angaben zur Erreichbarkeit lediglich angegeben „Auskunft erteilt: Hr. M.“. Auch eine qualifizierte elektronische Signatur war nicht erfolgt.

Mit am 24.1.2022 über das elektronische Behördenpostfach beim AG - Familiengericht - eingegangenem Schreiben hat die Antragsgegnerin daraufhin erneut Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.12.2021 eingelegt. Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Die Gründe:
Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin war gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen.

Nach § 64 Abs. 2 S. 4 FamFG ist eine Beschwerdeschrift zwingend zu unterschreiben. Bei Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs ist die Voraussetzung einer eigenhändigen Unterzeichnung gem. § 64 Abs. 2 Satz 4 FamFG durch §§ 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 130a Abs. 3 Satz 1 2. Alt., Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ZPO dahingehend modifiziert, dass die als elektronisches Dokument eingelegte Beschwerde von der verantwortlichen Person entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gem. Art. 3 Nr. 12 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (elDAS-VO) versehen oder von der verantwortenden Person einfach signiert (Art. 3 Nr. 10 elDAS-VO) und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden muss.

Die einfache Signatur erfordert am Ende des Schriftstücks die Wiedergabe des Namens der Person, die damit die Verantwortung für das Dokument übernehmen will. Eine Grußformel ohne Namensangabe genügt dem nicht. Die einfache Signatur ist auch bei Einreichung über das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) erforderlich, wenn das Schriftstück nicht qualifiziert signiert ist. Die Deutsche Rentenversicherung Bund unterliegt als Körperschaft des öffentlichen Rechts der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 14b Abs. 1 FamFG.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.03.2022 12:30
Quelle: Bayern.Recht

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