OLG Stuttgart v. 4.11.2021 - 2 U 49/21

Aussagen über Collagen Youth Drink unterliegen der sog. Health-Claims-Verordnung

Aussagen über die Verringerung von Hautfalten in der Werbung für ein Lebensmittel sind als spezifische gesundheitsbezogene Angaben i.S.v. Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (sog. Health-Claims-Verordnung) einzuordnen, wenn der optische Effekt einer Steigerung körperlicher Funktionen beschrieben wird. Es reicht aus, dass sie bei einem Durchschnittsverbraucher einen entsprechenden Eindruck hervorrufen kann.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband. Die Beklagte ist eine Parfümeriekette und vertreibt bei Amazon ein Produkt namens „#INNERBEAUTY Collagen Youth Drink“. Es handelt sich um ein Flüssigpräparat, das u.a. Kupfer und Kollagenhydrolysat enthält. Bei Kollagen handelt es sich um ein Bindegewebseiweiß. Die Produktbeschreibung enthält folgende Angaben:

  • „Wirkt von innen heraus. Der Collagen Youth Drink mit 2500 mg Kollagen und weiteren hocheffizienten Wirkstoffen verbessert das Erscheinungsbild der Haut durch… weniger Falten“.
  • „Kupfer stärkt das Bindegewebe.“
  • „Reduziert Falten.“
  • „#INNERBEAUTY wirkt gegen Hautalterung.“

Der Kläger war der Ansicht, die Werbung verstoße gegen die Verordnung EG 1924/2006 (Health-Claims-Verordnung, HCVO). Die Werbung enthalte gesundheitsbezogene Angaben. Die hierfür erforderliche Zulassung für die Kombination der Wirkstoffe - hier Kollagenhydrolysat mit Kupfer - gebe es nicht. Vielmehr habe die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Zulassung von Gesundheitsangaben eines Präparats mit Kollagenhydrolysat abgelehnt, weil ein Ursache-Wirkungszusammenhang nicht hergestellt werden könne. Die Werbung sei außerdem zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet.

Das LG hat die einstweilige Verfügung erlassen und der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt #INNERBEAUTY Collagen Youth Drink“ mit den vier genannten Aussagen zu werben, sofern dies geschieht wie in der beanstandeten Werbung auf Amazon. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Kläger hat einen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung aus § 8 Absatz 1 und 3 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG und Art. 10 Absatz 1 HCVO glaubhaft gemacht.

Aussagen über die Verringerung von Hautfalten in der Werbung für ein Lebensmittel sind als spezifische gesundheitsbezogene Angaben i.S.v. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (sog. Health-Claims-Verordnung) einzuordnen, wenn der optische Effekt einer Steigerung körperlicher Funktionen beschrieben wird. Die Einordnung hängt von den Umständen der Werbung ab, insbesondere davon, ob die Angabe in einem gesundheitsbezogenen Kontext verwendet wird. Dabei reicht es aus, dass sie bei einem Durchschnittsverbraucher einen entsprechenden Eindruck hervorrufen kann.

Nach diesen Maßstäben suggerieren die streitgegenständlichen Angaben einen spezifischen Zusammenhang zwischen dem Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits. Das LG hat zutreffend herausgearbeitet, dass die Werbung einen Wirkungszusammenhang zwischen dem Lebensmittel und einer Körperfunktion (Art. 13 Absatz 1 lit. a HCVO) herstellt, dessen wissenschaftliche Absicherung in einem Zulassungsverfahren überprüft werden kann.

Schon durch die Angabe „wirkt von innen heraus“ wird dem Verbraucher suggeriert, dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem in dem beworbenen Produkt enthaltenen Kollagen (bzw. weiteren „hocheffizienten Wirkstoffen“) und dem durch weniger Falten verbesserten Erscheinungsbild der Haut. Diese Wortlautangaben versprechen einen körperlichen Effekt. Der Verbraucher versteht sie dahingehend, dass die Wirkstoffe dazu beitragen, die Falten zu reduzieren. Entsprechendes gilt im Kontext der konkreten Verletzungsform auch für die Angaben „reduziert Falten“ und „#INNERBEAUTY wirkt gegen Hautalterung“. Die englischsprachige Angabe „Innerbeauty“ wird vom Verbraucher in deutscher Übersetzung als „innere Schönheit“ verstanden und im konkreten Kontext dahingehend, dass die Wirkung der Schönheit von innen heraus entsteht, mithin durch eine Verbesserung der körperlichen Prozesse.

Linkhinweis:

Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der Datenbank Otto Schmidt online.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.11.2021 10:20
Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

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