LG Dortmund v. 26.1.2021 - 25 O 192/20

Wann ist eine deutsche Gebrauchsanweisung gem. § 3 Abs. 4 ProdSG verpflichtend?

Sind bei der Verwendung eines Produktes, das auf einer Vertriebsplattform verkauft wird, Regeln zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz zu beachten, so muss eine deutsche Gebrauchsanweisung gem. § 3 Abs. 4 ProdSG verpflichtend beigefügt werden. Eine Beschreibung nur in englischer Sprache reicht nicht aus.

Der Sachverhalt:
Der Beklagte betreibt eine Vertriebsplattform, auf der er Gegenstände einkauft und verkauft. So vertreibt er dort ein Produkt, das er als A3 bezeichnet. Der Beklagte bewirbt das Produkt in deutscher Sprache. So gehöre zu den von ihm benannten positiven Wirkungen, die „Wiederherstellung des jugendlichen Glanzes der Haut“, „Durchdringung der Epidermis durch Elektroporation, um Nährstoffe zu liefern“. Zudem heißt es dort:

„Beschreibung nur in englischer Sprache verfügbar“.

Mit Schreiben vom 11.2.2020 hatte die Klägerin den Beklagten abgemahnt und ihn erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Sie war der Ansicht, dass sich die Notwendigkeit einer deutschen Gebrauchsanweisung daraus ergebe, dass die englischsprachigen Hinweise zur Nutzung des Gerätes Warnhinweise für die Nutzung enthielten, die in Symbolen dargestellt würden.

Außerdem behauptete die Klägerin, dass für die Elektroporation, für EMS und LED Red Light Therapy auf Grundlage des gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes davon ausgegangen werden müsse, dass die vom Beklagten in seiner Anzeige ausgelobte Wirkung nicht bestehe. Zum Beleg verwies die Klägerin auf Belege, bestehend aus Wikipedia-Einträgen, Sachverständigengutachten aus anderen Gerichtsverfahren, sowie Auszügen aus Presseartikeln, sowie wissenschaftlichen Beiträgen. Der Beklagte behauptete, die Klägerin stütze ihre Unterlassungsansprüche auf Werbeaussagen, die dem Gerät gar nicht beigefügt waren und in englischer Sprache verfasst seien, obwohl die Gerichtssprache deutsch sei.

Das LG gab der verbraucherschützende Unterlassungsklage statt.

Die Gründe:
Es sind bei der Verwendung des streitgegenständlichen Produkts Regeln zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz zu beachten, so dass eine deutsche Gebrauchsanweisung gem. § 3 Abs. 4 ProdSG verpflichtend beigefügt werden muss.

Dies folgt schon daraus, dass aus der englischen Gebrauchsanleitung zahlreiche Warn- und Sicherheitshinweise hervorgehen. Soweit der Beklagte bestreitet, dass es sich um die originale Gebrauchsanweisung handelt und darauf hinweist, dass die Gerichtssprache deutsch sei, greift dieser Einwand nicht. Zum einen gehört zum substantiierten Vortrag insoweit, dass der Beklagte die originale Gebrauchsanleitung vorlegen müsste. Des Weiteren überzeugt auch der Hinweis auf die Gerichtssprache vorliegend nicht. So geht schon aus den in der englischen Anleitung verwendeten Symbolen hervor, dass es bestimmte Gefahren gibt, die bei der Verwendung zu beachten sind.

Der Beklagte verhält sich zudem widersprüchlich, wenn er sich einerseits darauf beruft, dass die Gerichtssprache deutsch sei, gleichzeitig aber – ausweislich seines Angebotes vom 10.2.2020 – seine aus § 3 Abs. 4 ProdSG folgende Verpflichtung zur Vorlage einer deutschen Gebrauchsanweisung allein durch den Verweis auf eine englischsprachige Anleitung zu erfüllen gedenkt. Soweit der Beklagte einwendet, dass ihm Werbeaussagen vorgeworfen werden, die sich erst aus der englischsprachigen Gebrauchsanweisung ergeben, so geht dieser Einwand fehl. Sämtliche von der Klägerin gerügten Werbeaussagen sind im Angebot des Beklagten vom 10.2.2020 selbst enthalten.

Überdies ergeben sich aus Rechtsverordnungen nach § 8 ProdSG für das vorliegende Produkt keine anderen Regelungen, so dass der Beklagte dem klägerischen Anspruch - unbeschadet der Tatsache, dass er dies auch nicht getan hat - nichts entgegenhalten kann. Dem Kläger steht auch ein Unterlassungsanspruch gegen die genannten Aussagen aus § 8 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG zu, weil es sich bei diesen Aussagen um irreführende geschäftliche Aussagen handelt.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.05.2021 15:29
Quelle: Justiz NRW

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