Aktuell in der CR

Schadensberechnung nach Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG): die angemessene Vergütung - Prüfungsaufbau (Diedrich, CR 2020, 429)

Im Unternehmensalltag werden nahezu überall Computerprogramme eingesetzt. Die Rechtsprechung hat insbesondere im Zusammenhang mit Open Source-Software anerkannt, dass auch in komplexen AGB das Entfallen der Nutzungsrechte geregelt und damit die Rechtsfolgen von Verletzungen nach dem UrhG ausgelöst werden können. Konkret berechnete Schäden sind regelmäßig schwer zu beweisen. Hier bewirken die Grundsätze zur Lizenzanalogie grundlegende Erleichterungen für den Geschädigten. Der Beitrag systematisiert die Berechnung der Höhe des Schadens und entwickelt Vorschläge für die Lösung von Streitfragen.

Ermittlung der Maßstäbe und Kriterien für die Angemessenheit einer fiktiven Lizenz

INHALTSVERZEICHNIS:

I.     Einführung: Schadensersatzanspruch der fiktiven Lizenzvergütung

II.    Prüfungsablauf zum Umfang des Schadensersatzanspruchs

1.   Grundlagen der Fiktion

2.   Maßgeblicher Zeitpunkt des Eingriffs

3.   Ermittlung potentiell aussagekräftiger Vergütungsmodelle

a)      Vergütungsmodell: Eigene Verwertungspraxis des Verletzten
b)      Vergütungsmodell: übliche Vergütung und Tarife
c)      Fehlen identifizierbarer Vergütungsmodelle

4.   Kontrollmaßstab: Mindestvergütung nach § 32 UrhG.

5.   Nicht vergleichbare Vergütungsmodelle

6.   Schadensschätzung anhand der identifizierten Grundlage

7.   Sonderfall: Mehrstufiger Vertrieb (Hersteller/Händler/Endkunde)

8.   Sonderfall: Open Source Software

9.   Überschießende Nutzung lizenzierter Gegenstände

10. Vergütungen für Softwarepflege- und Unterstützungsvereinbarungen

11. Mehrheit verletzter Ausschließlichkeitsrechte

III.   Zusammenfassung

 


 

 

I. Einführung: Schadenser­satz­an­spruch der fiktiven Lizenz­ver­gütung

1

Wer Software und damit ein Compu­ter­pro­gramm i.S.d. §§ 69a ff. UrhG vorsätzlich oder fahrlässig wider­rechtlich nutzt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entste­henden Schadens verpflichtet, § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG .1 Aktiv­le­gi­ti­miert für die Geltend­ma­chung von Schadenser­satz­an­sprüchen ist nur der Inhaber ausschließ­licher Nutzungs­rechte.

2

Seit dem 1.9.2008 ist die vormals höchstrich­terlich entwi­ckelte dreifache Schadens­be­rechnung zur Umsetzung der Durch­set­zungs­richt­linie2 gesetzlich normiert: Schadensersatz kann durch üblichen Nachweis der vom Verletzten erlit­tenen Vermö­gens­nach­teile, anhand des Verlet­zer­ge­winns oder in Form einer fiktiven Lizenz­ver­gütung bemessen werden. Dabei hat der deutsche Gesetz­geber Raum zur Ausfüllung durch die Recht­spre­chung lassen wollen.3 Die Recht­spre­chung hat Grund­sätze heraus­ge­ar­beitet. Der per Durch­set­zungs­richt­linie gefor­derte Schutz des Verletzten hängt in der Praxis gleicher­maßen von materi­ellen und prozes­sualen Faktoren ab.

3

Die Wahl der Berech­nungs­me­thode liegt bis zur Erfüllung oder rechts­kräf­tigen Feststellung des Schadenser­satz­an­spruchs beim Verletzten.4 Es kann im Eventual­ver­hältnis mit mehreren Berech­nungs­arten geklagt werden, die dann in vollem Umfang und ausschließlich in der günstigsten Variante für den Kläger anzuwenden sind.5 Die Misch­be­rechnung nach verschie­denen Methoden ist nach höchstrich­ter­licher Recht­spre­chung aber nicht zulässig.6 Daran hat die Durch­set­zungs­richt­linie nichts geändert.7

4

Die Fiktion beschränkt sich auf die Höhe des Schadenser­satz­an­spruchs, d.h. auch mit Zahlung des Schadenser­satzes werden keine Nutzungs­rechte erworben und die Unter­las­sungs­an­sprüche des Rechts­in­habers bleiben durch­setzbar.8 Entspre­chend umfasst der Schaden nicht die Umsatz­steuer, da keine Zahlung für Liefe­rungen und Leistungen erfolgt.9 Etliche Einwen­dungen greifen gegen den Anspruch auf fiktive Lizenz­ver­gütung nicht durch: Für die Schadens­be­rechnung in Form der fiktiven Lizenz­ver­gütung genügt ein Eingriff ins geschützte Recht, ohne dass ein tatsäch­licher Mindest­schaden festzu­stellen wäre.10 Der Verletzte braucht nicht zur Recht­sein­räumung bereit gewesen sein.11 Die objektive Möglichkeit und Verkehrs­üb­lichkeit12 einer Einräumung von Nutzungs­rechten an Schutz­ge­gen­ständen der betrof­fenen Art genügt. Das ist bei der Einräumung von Nutzungs­rechten an Software generell gegeben.13

 

II. Prüfungs­ablauf zum Umfang des Schadenser­satz­an­spruchs

5

Den Ausgangs­punkt zur Bestimmung der Höhe der fiktiven Lizenz­ver­gütung bildet (...)

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.07.2020 11:58

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