Aktuell im ITRB

Vorschlag für eine E-Evidence-Verordnung (Gössling / Nagel, ITRB 2019, 41)

Am 17.4.2018 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zum grenzüberschreitenden Zugriff auf elektronische Beweismittel in Strafsachen veröffentlicht. Durch das Gesetzesvorhaben sollen Ermittlungen und die Sammlung von Beweisen in der EU erleichtert und effizienter gestaltet werden. Der Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtslage sowie die bisherige tatsächliche Praxis beim grenzüberschreitenden Zugriff auf elektronische Beweismittel in Strafsachen und stellt den Verordnungsvorschlag der Kommission dar.


I. Grenzüberschreitende Ermittlungsarbeit

II. Rechtslage und Praxis

1. Ausgangslage für deutsche Ermittlungsbehörden

2. Internationale Rechtshilfe

3. Europäische Rechtshilfe

a) Rechtslage vor Inkrafttreten der Europäischen Ermittlungsanordnung

b) Rechtslage nach Inkrafttreten der Europäischen Ermittlungsanordnung

4. Direkte Zusammenarbeit

III. Der Verordnungsvorschlag

1. Gegenstand

2. Maßnahmen

3. Datenkategorien

4. Anwendungsbereich

5. Beteiligte

6. Voraussetzungen

7. Ausführung: Formalien und Fristen

8. Rechtsbehelfe

IV. Ausblick



I. Grenzüberschreitende Ermittlungsarbeit

E-Mail-, Messenger- und Social Media-Dienste sind wichtige Kommunikationsmittel – auch im Bereich der Kriminalität. Da bei den Diensten u.a. Chatverläufe und Nutzungsverhalten gespeichert werden, haben Strafverfolgungsbehörden großes Interesse an den vorhandenen Daten, wenn es um die Aufklärung von Straftaten geht. Jedoch stehen die Behörden bei der Erlangung dieser elektronischen Beweismittel vor zahlreichen rechtlichen und praktischen Hürden: Messenger- und Social Media-Dienste sind nicht an einen bestimmten Ort gebunden, so dass Ermittlungen zum größten Teil grenzüberschreitend erfolgen müssen. Verstärkt kommt es daher auf eine internationale Zusammenarbeit an.

II. Rechtslage und Praxis

Die Praxis zur Erlangung von elektronischen Beweismitteln aus dem (EU-)Ausland ist von Rechtsunsicherheit und Intransparenz geprägt. Nationale Strafverfolgungsbehörden haben dabei grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Einerseits ist die Ermittlung im Weg der Rechtshilfe auf Grundlage von gegenseitigen Rechtshilfeabkommen möglich, andererseits besteht die Möglichkeit einer direkten Zusammenarbeit mit dem Diensteanbieter.

1. Ausgangslage für deutsche Ermittlungsbehörden

Wenn deutsche Ermittlungsbehörden Zugriff auf Daten erlangen wollen, ist der Speicherort elektronischer Beweismittel bei der Bestimmung der Rechtsgrundlage zur Datenerhebung ausschlaggebend. Es ist also beim Speicherort der Daten zwischen dem In- und Ausland zu unterscheiden. Befinden sich die Daten im Inland, stellt grundsätzlich die StPO die gesetzliche Grundlage für Ermittlungstätigkeiten dar.

Befinden sich die Daten auf einem Server im Ausland, so kann eine Ermittlung immer auch einen Eingriff in die Souveränitätsrechte anderer Staaten darstellen, so dass die StPO grundsätzlich keine Anwendung findet. Es bedarf daher im Regelfall einer rechtshilferechtlichen Grundlage.

2. Internationale Rechtshilfe

Die Rechtshilfe ist der traditionelle Weg zum Austausch von Beweismitteln mit Behörden aus dem Ausland. Auf der Grundlage gegenseitiger Rechtshilfeabkommen kooperieren die Ermittlungsbehörden, um Beweise sicherzustellen und auszutauschen. Jedes Abkommen hat dabei zwar ein eigenes Verfahren, aber die meisten Rechtshilfeabkommen sind ähnlich aufgebaut. Es werden zumeist zwei zentrale Behörden festgelegt, die Ersuche annehmen und bearbeiten müssen und gleichzeitig Anfragen stellen dürfen. Verfahrensvorschriften wie Fristen etc. können dann den einzelnen Abkommen entnommen werden.

Der Weg über internationale Rechtshilfeabkommen wird häufig kritisiert. Hauptkritikpunkt ist dabei (...)
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.01.2019 11:03
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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