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Böhmermann: Beleidigung, Rassismus und Hate Speech im Gewand der Satire

avatar  Niko Härting

„Am liebsten mag er Ziegen ficken“: Eine solche Äußerung ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Art. 5 GG schützt zwar auch überzogene und überspitzte Äußerungen. Und natürlich ist auch Satire geschützt, nicht jedoch die „Formalbeleidigung“.

Beleidigung

Wer Begriffe wählt, um gezielt die Missachtung einer Person zum Ausdruck zu bringen, macht sich gemäß § 185 BGB wegen Beleidigung strafbar. Das Mäntelchen der Satire rechtfertigt eine solche Ehrverletzung nicht. Wer dies immer noch nicht glaubt, möge das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25.3.1992 lesen (BVerfG v. 25.3.1992 – 1 BvR 514/90, AFP 1992, 133). Karlsruhe entschied damals, dass das Satiremagazin „Titanic“ einen behinderten Reserveoffizier nicht als „Krüppel“ bezeichnen darf. Dies auch dann nicht, wenn dies in einem satirischen Kontext geschieht. „Wir haben das doch nicht so gemeint“ – ein Einwand, der eine herabsetzende, herabwürdigende Äußerung in keiner Weise rechtfertigen kann.

Rassismus und Hate Speech

Man muss Erdogan nicht mögen. Ich mag ihn auch nicht. „Fellatio mit hundert Schafen“ – Das ist dennoch nicht nur beleidigend, sondern auch rassistisch. Wer bei Erdogan an Schafe und Ziegen, an „verlaust“ und „zoophil“ denkt, gibt damit – unfreiwillig – preis, welche Assoziationen ein unsympathischer Türke in ihm weckt. Wer Türken als „verlaust“ bezeichnet, muss sich den Vorwurf des Rassismus gefallen lassen. Egal ob es um einen türkischstämmigen Berliner oder um einen türkischen Staatspräsidenten mit fragwürdigem Demokratieverständnis handelt. „Ziegen ficken“: Das ist Hate Speech in Reinkultur. Kein Wunder, dass Böhmermann viel Beifall vom rechten Rand erhält.

Beifall gibt es auch im schwarz-grün-roten Mainstream. Cem Özdemir springt Böhmermann bei und verlangt von der Bundesregierung „Haltung“. Wenn jedoch „besorgte Bürger“ ihren Vorurteilen gegen Flüchtlinge, Migranten, Türken und Arabern freien Lauf lassen und diese als „verlaust“ und „zoophil“ bezeichnen würden, wäre Özdemirs Empörung groß. Rassismus, Herabwürdigung und Straftaten sind nicht plötzlich erlaubt, weil sie sich nicht gegen Normalbürger richten, sondern gegen ein ungeliebtes Staatsoberhaupt und mehr schlecht als recht in das Mäntelchen der Satire eingekleidet sind.

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Nicht mutig, sondern Effekthascherei

Bei Böhmermann geht es nicht um „Haltung“, Satire und Meinungsfreiheit. Es geht um Beleidigung, Rassismus und Effekthascherei. Böhmermann ist nicht einmal mutig, sonst hätte er seine „Satire“ nicht gegen einen hierzulande unbeliebten ausländischen Staatsmann gerichtet. Was wäre wohl die Reaktion der Böhmermann-Freunde gewesen, wenn er seinen unbeholfenen Lausbubenhumor an der Bundeskanzlerin oder gar an dem Bundespräsidenten ausgelassen hätte?

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

2 Kommentare

  1. avatar naundob
    Veröffentlicht 18.4.2016 um 08:22 | Permalink

    Ja, Satire kann mutig sein und subtil oder feige und effektheischerisch, so what? Böhmermann liegt letzteres offensichtlich mehr. Zumindest hat er hin und wieder seinen Spaß daran.
    Böhmermann zu unterstellen, es ginge ihm lediglich um eine möglichst grobe Beleidigung, ist bloße Behauptung, Belege fehlen. Vielmehr ist die Beleidigung lediglich das Element einer satirischen Performance, die ihren Anlass im irritierenden Verhalten Erdogans zum Extra3-Betrag hatte. Womit auch die Frage geklärt ist, warum ausgerechnet Erdogan? Nun, weil Erdogan selbst sich aus freien Stücken zur Zielscheibe gemacht. Er hat sozusagen den Spot für Spott auf sich selbst gerichtet. Warum hätte sich Böhmermann mehr oder weniger anlasslos um Merkel oder Gauck kümmern sollen? Nur, weil es „mutiger“ ist? Davon abgesehen war Böhmermanns Ritt auf der Satireklinge, erst recht mit dem Wissen von heute, ziemlich riskant, wenn nicht mutig. Und man darf wohl davon ausgehen, dass die Nummer keine spontane Schnapsidee im Alleingang war, sondern mit juristischer Rückendeckung entstanden ist.
    Dass der Fall eben nicht so eindeutig zu beurteilen ist, wie auch hier suggeriert, zeigen die gegenteiligen Einschätzungen vieler Medien- und Verfassungsrechtler. Die alle als Scharlatane abzutun, wäre dann wiederum wirklich mutig.
    Herr Höcker und andere führen gerne ins Feld, Böhmermann hätte seine Satire „nicht ernst gemeint“… (das muss man kurz wirken lassen) … sein Ernst wäre „nur gespielt“ gewesen.
    Daran zu erinnern, dass Böhmermann nicht das heute Journal moderiert, sondern eine Quatsch-Sendung wäre nun wirklich zu albern, deshalb lass ich es.

  2. Veröffentlicht 18.4.2016 um 09:35 | Permalink

    Danke für die Anmerkung.
    1. Es ist nicht mutig, Erdogan in Deutschland zu kritisieren. Man hat die große Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite, ist sich des Beifalls des Publikums gewiss und riskiert nicht viel.
    2. Alle Begründungen, mit denen man versucht, Böhmermanns Injurien zu rechtfertigen, überzeugen mich nicht. Dies gilt insbesondere für die Konstruktion des „Quasi-Edukatorischen“, die Konstruktion zielt direkt auf die Menschenwürde, macht den Beleidigten zum Lehrobjekt.

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