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Klingt gut, stimmt aber nicht: Warum der Gabriel-Entwurf die Störerhaftung nicht erleichtert, sondern verschärft

avatar  Niko Härting

Klingt gut, stimmt aber nicht: Weite Teile der Tagespresse gingen gestern dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) auf den Leim und verkündeten, die Bundesregierung wolle die Störerhaftung für Hotspots und öffentliche WLANS „abschaffen“. Wer als Inhaber eines Cafés, Restaurants oder Hotels seinen Gästen die WLAN-Nutzung ermögliche, müsse sich künftig keine Sorgen wegen einer Haftung für illegale Downloads machen (vgl. etwa  „W-Lan-Betreiber sollen nicht mehr für ihr Netz haften“, FAZ.net v. 12.3.2015).

Künftige Voraussetzungen der Störerhaftung

Der Gesetzesentwurf, den das BMWi am 11.3.2015 vorgelegt hat, schafft die Störerhaftung keineswegs ab. In § 8 Abs. 4 TMG-E werden vielmehr die Voraussetzungen einer solchen Haftung geregelt. Danach soll der Betreiber eines „geschäftsmäßigen“ Hotspots in Zukunft („nur“) haften, wenn er:

  • kein „anerkanntes Verschlüsselungsverfahren“ (auf Deutsch: keine Sicherung durch ein Passwort) verwendet und
  • die Nutzer nicht erklären lässt, dass sie „keine Rechtsverletzungen“ begehen werden.

Als Betreiber eines Cafés, eines Krankenhauses, eines Flughafens, Bahnhofs oder einer Anwaltskanzlei soll ich somit in Zukunft von Haftungssorgen (nur) befreit sein, wenn ich den WLAN-Anschluss durch ein Passwort sichere und zudem meine Gäste und Besucher bestätigen lasse, dass sie sich rechtstreu verhalten werden.
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Weder „Abschaffung“ noch „Erleichterung“!

Die Rechtsprechung zur Haftung des Betreibers öffentlicher Hotspots ist spärlich. Die Zahl der bekannt gewordenen Streitfälle ist gering. Aus diesen Streitfällen lässt sich jedoch eindeutig ableiten, dass ein Passwortschutz und ein Warnhinweis an die Nutzer bereits nach derzeitiger Rechtslage ausreichen, um eine Störerhaftung auszuschließen. Von einer „Abschaffung“ oder „Erleichterung“ der Haftung kann überhaupt nicht die Rede sein:

Fazit zur bisherigen Rechtsprechung:

Die Rechtsprechung ist nicht ganz einheitlich. Es gibt jedoch nur eine Entscheidung (aus dem Jahre 2010), in der eine Störerhaftung des Betreibers eines öffentlichen WLANs uneingeschränkt bejaht wurde. Alle anderen Entscheidungen lassen es für eine Haftungsbefreiung jedenfalls ausreichen, dass ein Passwortschutz verwendet wird und Warnhinweise erteilt werden. Im „Freifunk“-Fall und einigen anderen Fällen wurde zudem eine „Verschlüsselungspflicht“ verneint. Tendenziell verschärft der BMWi-Entwurf somit die Haftung der WLAN-Betreiber. Von einer „Erleichterung“ der Haftung oder gar von einer „Abschaffung der Störerhaftung“ kann nicht die Rede sein.

 

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

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