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Update: Das Maut-Gesetz analysiert: Es bleibt bei 13 Monaten Vorratsdatenspeicherung auf den Straßen

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Das Bundesverkehrsministerium reagierte nun auf die Kritik, dass das geplante PKW-Maut-Gesetz eine dreizehnmonatige Vorratsdatenspeicherung nahezu des gesamten PKW-Verkehrs auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen erlaubt (siehe Blog-Beitrag vom 1. November).

Das Ministerium behauptet nun, es solle nur der Umstand gespeichert werden, dass ein Computer meint, ein bestimmtes Nummernschild an einem bestimmten Tag auf einer mautpflichtigen Strecke entdeckt zu haben. Daran glaube ich aus den folgenden Gründen nicht:

Sobald die erste Erstattungsklage da ist, wird komplett gespeichert

Für die Praxis wage ich folgende Prognose: Selbst wenn die Umsetzung tatsächlich zunächst so erfolgen sollte wie jetzt (im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut) behauptet, dann wird spätestens dann zur Vollspeicherung gemäß dem Gesetzestext übergegangen, wenn jemand trotz angeblichen Antreffens auf einer mautpflichtigen Straße auf Erstattung der Maut klagt.

Fehlerfreie Kennzeichen-Erkennung gibt es nicht

Denn selbst hochmoderne heutige Systeme mit optimalen Bedingungen (keine verdreckten, ramponierten Nummernschilder, wie sie auf deutschen Straßen aber ständig zu sehen sind) sind noch ein ganzes Stück von einer hundertprozentigen Erkennungsquote entfernt (siehe etwa Hersteller-Werbung). Für das LKW-Maut-System soll die Quote gar nur bei „über 90 Prozent“ liegen (Roggan/Kutscha/Arzt, Handbuch zum Recht der inneren Sicherheit, S. 231).

Das weiß auch das Gericht

Wie soll unter diesen Bedingungen ein Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass die – nicht einmal nach Ort und Uhrzeit näher bezeichnete – angebliche Entdeckung des Fahrzeugs auf einer korrekten Kennzeichenerfassung beruhen soll? Ganz einfach: gar nicht, das Gericht wird zumindest ein Beweisfoto verlangen. Und dieses Beweisfoto wird es beim nächsten Mal auch bekommen, weil dann gespeichert wird. Nicht einmal das Gesetz muss geändert werden, man macht das dann einfach so.

Und das weiß auch der Betreiber

Weil auch der private Betreiber gut rechtlich beraten ist, wird er dieses Risiko im Hinterkopf haben – und entweder von vornherein alles speichern, wie es ihm das Gesetz ausdrücklich erlaubt, oder aber zumindest seine Haftung für mangels dokumentierter Kontrolle erfolgreiche Erstattungsanträge im Vertrag ausschließen. Denn eine Kontrolle, die ganz klar absehbar nicht gerichtsfest ist, dürfte wohl nicht vertragsgerecht sein.

Siehe auch

Das Maut-Gesetz analysiert: 13 Monate Vorratsdatenspeicherung auf den Straßen

Update: Verkehrsminister streicht Vorratsdatenspeicherung aus PKW-Maut-Gesetz

Mehr zum Autor: Matthias Bergt ist Referatsleiter bei der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Er kommentiert beispielsweise die Artikel 37-39 (Datenschutzbeauftragter), 40-43 (Verhaltensregeln und Zertifizierung) und 77-84 (Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen) sowie Parallelnormen des BDSG in Kühling/Buchner (Hrsg.): Datenschutz-Grundverordnung/Bundesdatenschutzgesetz (DSGVO/BDSG), das Dienstvertragsrecht und die Abgrenzung der Vertragstypen in Schuster/Grützmacher (Hrsg.): IT-Recht Kommentar und trägt eine Vielzahl von Mustern zum Formularhandbuch Datenschutzrecht von Koreng/Lachenmann (Hrsg.) bei.

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