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LG Hamburg zu GEMA ./. Google/YouTube – Unspektakulär!

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Kaum ist das Urteil gesprochen, gibt es schon Hunderte von Meldungen, Einschätzungen und Kommentaren. Aber Vorsicht: Die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Und verlassen kann man sich allenfalls auf die Pressemitteilung des LG Hamburg. Kein Journalist, Blogger, Kommentator kann mehr über das Urteil wissen, als sich aus den zwei Seiten ergibt, die das Hamburger Gericht veröffentlicht hat.

Gehen aus der Pressemitteilung Ãœberraschungen hervor? Kaum:

  • 5 gescheiterte Anträge: Ich kann mir nicht recht erklären, was es mit den fünf Videos auf sich hat, bei denen die GEMA mit ihren Unterlassungsanträgen gescheitert ist. In der Pressemitteilung heißt es, die GEMA habe YouTube auf die Videos hingewiesen, und es sei danach nicht „zu weiteren Uploads“ gekommen. Daher sei „die Pflichtverletzung“ nicht „für weitere Rechtsverletzungen ursächlich“ geworden. Schwer verständlich, da es doch bei Unterlassungsklagen darum geht, Rechtsverletzungen in der Zukunft zu verhindern. Wie kann man aber schon jetzt sagen, dass ein Fehlverhalten in Zukunft nicht ursächlich sein wird? Mit der BGH-Rechtsprechung zur Störerhaftung kann ich die kryptische Formulierung nicht in Einklang bringen. Man wird die Entscheidungsgründe abwarten müssen.
  • 7 erfolgreiche Anträge: Bei den anderen sieben Videos war die Klage erfolgreich. Dies verwundert allerdings überhaupt nicht, wenn – wie die Pressemitteilung sagt – das Gericht davon ausgegangen ist, dass es nach der Benachrichtigung durch sie GEMA „gut eineinhalb Monate“ gedauert hat, bis YouTube die Videos entfernte. Kein Zweifel, dass dies nicht mehr „unverzüglich“ war. Und dass ein Plattformbetreiber zur unverzüglichen Entfernung rechtswidriger Inhalte verpflichtet ist, ergibt sich unmittelbar aus § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG.
  • Verpflichtungsgrund: Wieso sich das Gericht nicht damit begnügt hat, die Unterlassungsverpflichtung auf den Umstand des zögerlichen Entfernens zu stützen, ist nicht ersichtlich. Erst die Lektüre der Entscheidungsgründe wird zeigen, ob es sich bei den Ausführungen zu „weiteren Prüfungs- und Kontrollpflichten“ von Google/YouTube um mehr als obiter dicta handelt. Jedenfalls aber wird man bei Google/YouTube damit leben können, dass nach Kenntnis von einer Urheberrechtsverletzung das von Google selbst entwickelte Content-ID-Programm einzusetzen ist. Auch der zusätzlich geforderte Einsatz von Wortfiltern dürfte nicht mit unerträglichem Aufwand verbunden sein.

 

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

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