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Coronavirus und Force Majeure in IT-Verträgen (Bräutigam/Thalhofer, CR 2020, 289-295)Der Beitrag wirft ausgewählte pandemiebedingte Fragestellungen auf dem Gebiet des IT-Rechts auf und untersucht diese anhand einiger Fallbeispiele aus der IT-vertraglichen Praxis (II.). Dabei werden insbesondere Auswirkungen auf bestehende Vertragsverhältnisse analysiert. Hierbei wird zwischen bestehenden Verträgen, die für sich aus der Pandemie ergebende Leistungsstörungen Regelungen getroffen haben (III. & IV.), und solchen, die hierzu kein dezidiertes Regelungsregime enthalten (V.), differenziert. Die adressierten Themen liefern wertvolle Anhaltspunkte, welchen Aspekten bei der Gestaltung von IT-Verträgen in Zukunft erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Eine Darstellung in 4 praktischen Fällen
INHALTSVERZEICHNIS:
I. Ausgangslage: Coronavirus-Pandemie in Deutschland
II. Vier typische Fälle aus der IT-vertraglichen Praxis
III. Force Majeure/Höhere Gewalt
1. Allgemeines
a) Gesetzliche Ausgangslage
b) Vertragliche Perspektive
2. Die Coronavirus-Pandemie als höhere Gewalt im IT-Vertragsrecht?
a) Vorhersehbarkeit
b) Leistungshindernis durch die Pandemie
c) Zwischenergebnis
3. Rechtsfolgen
IV. Extraordinary Event
1. Rechtsfolgen
2. Anwendung auf die Fälle 2 und 4
V. Verträge ohne besondere Klauseln
1. Softwareimplementierung via Videokonferenz (Fall 1)
2. Freiwerden von Zahlungsverpflichtungen auf Kundenseite (Fall 2)
3. Nichteinhalten des vertraglich geschuldeten Leistungsniveaus (Fall 3)
4. Vertragsanpassung aufgrund geänderten Bedarfs (Fall 4)
5. Darüber hinaus: Notifizierungspflicht
VI. Fazit
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I. Ausgangslage: Coronavirus-Pandemie in Deutschland |
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Die SARS-CoV-2 (im Folgenden „Coronavirus“) Pandemie stellt eine neue, bisher nicht dagewesene Herausforderung dar und geht nicht nur mit tiefgreifenden Änderungen des öffentlichen und privaten Lebens, sondern auch mit teils gravierenden Änderungen der Rechtsordnung einher. So hat beispielsweise die Regierung des Freistaates Bayern das Verlassen der eigenen Wohnung ohne triftigen Grund untersagt und zugleich zahlreiche weitere Einschränkungen von Freiheitsgrundrechten vorgenommen.1 Andere Bundesländer haben ähnliche Verordnungen bzw. Allgemeinverfügungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlassen. |
2 |
Wenngleich die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit einen triftigen Grund im vorgenannten Sinne darstellt (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 der 2. BayIfSMV), haben zahlreiche Unternehmen auf einen Betrieb im Home Office umgestellt.2 Dies kann auch Einfluss auf Leistungen im Bereich der Informationstechnologie sowohl auf Auftragnehmerseite, als auch (beispielsweise in Form von Mitwirkungspflichten) auf Auftraggeberseite haben, wenn diese in der Folge nicht mehr wie üblich erbracht werden (können). Damit rücken Fragen zu IT-Verträgen in den Mittelpunkt, welche bislang in der juristischen Diskussion kaum eine Rolle gespielt haben: Anwendung von „Höhere Gewalt“- und „Material Adverse Change“-Klauseln, Unmöglichkeit der Leistung, Störung der Geschäftsgrundlage et cetera. |
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II. Vier typische Fälle aus der IT-vertraglichen Praxis |
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Um die IT-rechtlichen Folgen der Pandemie zu exemplifizieren, sollen im Wesentlichen vier Beispielsfälle zugrunde gelegt und im Laufe der Ausführungen stetig aufgegriffen werden. |
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Fall 1, Softwareimplementierungs-Projekt:Bei einem Projekt zur Implementierung von Software werden regelmäßig von spezialisierten Consultants des Auftragnehmers durchgeführte Workshops zur Feststellung der Erfordernisse auf Auftraggeberseite als Grundlage des Customizing in den Räumlichkeiten des Auftraggebers Teil der Vorgehensweise sein.3 Im Bereich des agilen Programmierens ist sogar eine noch engere Zusammenarbeit der Parteien typisch, wie etwa die Umsetzung der gewünschten Inhalte durch gemischte Auftraggeber/Auftragnehmer-Teams nach SCRUM-Methodologie, und ebenfalls in aller Regel im Rahmen physischer Meetings.4 Eine typische Fragestellung in diesem Zusammenhang wäre etwa, ob der Auftraggeber nach wie vor einen Anspruch auf die Durchführung solcher Workshops hat bzw. ob er nunmehr alternative Arten der Leistungserbringung, etwa im Wege einer Videokonferenz akzeptieren muss. |
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Fall 2, Cloud-Leistung während Betriebsstilllegung:Ein IT-Kunde benötigt aufgrund einer Betriebsstillegung die von ihm bestellten Cloud-Leistungen nicht (mehr). Die im Zentrum dieses Falles stehende Frage betrifft die Zahlungspflichten des Kunden. Mit anderen Worten: Muss dieser die vertraglich vereinbarte Vergütung dennoch entrichten oder kann er zeitweise Aussetzung von Zahlungen verlangen? |
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Fall 3, Absinkende Service Levels in IT-Outsourcingvertrag:soll der Frage nachgegangen werden, wie mit der Verletzung von vereinbarten Service Levels auf Seiten des Providers im Rahmen eines IT-Outsourcingvertrages umzugehen ist, wenn der Provider aufgrund eines Personalausfalls (z.B. im Helpdesk) in Folge von Covid-19 Erkrankungen das vereinbarte Leistungsniveau nicht mehr einzuhalten im Stande ist. |
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Fall 4, einseitige Vertragsanpassung:mit Fragen der einseitigen Anpassung von IT-Verträgen in Folge der Pandemie: Ein IT-Kunde erleidet einen schweren Geschäftseinbruch und begehrt nunmehr insbesondere eine Anpassung seiner IT-Leistungsverträge an diese neue Situation, da er die Leistungen nicht mehr im bestellten Umfange benötigt. |
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