Europäischer Datenschutzbeauftragter fordert pragmatisches und ausgewogenes Vorgehen bei der Verbrechensbekämpfung

Die Bekämpfung von Terrorismus und anderen Straftaten machen es in einer durch neue Technologien veränderten Welt erforderlich, sicherzustellen, dass Strafverfolgungs- und Justizbehörden auch Zugang zu den oft in anderen EU-Mitgliedsstaaten erhobenen Daten haben. Bei allen Initiativen, die in dem Bereich der elektronischen Beweisführung ins Leben gerufen werden, ist jedoch die vollständige Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des EU-Rechtsrahmens für den Datenschutz zu gewährleisten.

Erhöhte Sicherheit ohne Datenschutzbeschränkung:
"Neue Technologien haben neue Möglichkeiten für grenzüberschreitende kriminelle Aktivitäten eröffnet", so der stellvertretende Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB)  Wojciech Wiewiórowski. Oft liegen Beweise für kriminelle Aktivitäten in elektronischer Form vor, so Wiewiórowski. Jedoch sei der Zugriff für die zuständigen Behörden erschwert, weil die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten zu geografisch ausgerichteten seien.

Es sei demnach von zentraler Bedeutung, dass die Behörden der EU wirksam und effizient auf Informationen zugreifen können, die in einem anderen Land gespeichert sind. Dies dürfe jedoch nicht auf Kosten insbesondere der Datenschutzrechte der europäischen Bürger erreicht werden.

Neue Empfehlungen zu Vorschlägen der Kommission:
Mit seiner Stellungnahme bezüglich elektronischer Beweismittel legt der EDSB dem EU-Gesetzgeber neue Empfehlungen vor, die die Vorschläge der Kommission aus dem Jahr 2018 betreffen. Diese Vorschläge umfassten u.a. die verbesserte Möglichkeit von zuständigen Behörden, Zugriff auf beweiserhebliche Daten zu erhalten und die Aufbewahrung dieser Daten in Erwartung späterer Ersuchen auf Datenzugang.

Der EDSB betonte nun, dass es insbesondere notwendig sei, die Justizbehörden in dem Vollstreckungsmitgliedsstaat stärker in das Sammeln elektronischer Beweismittel in grenzüberschreitenden Fällen einzubinden. Weiterhin sollen die Datenkategorien in dem Verordnungsvorschlag klarer definiert werden, sodass sie an im EU-Recht bereits vorhandene Definitionen anschließen.

Eigene Vorschläge zur elektronischen Beweiserhebung:
Über die Kommentierung der von der EU-Kommission bereits vorgeschlagenen Maßnahmen hinaus äußerte der EDSB weitere Empfehlungen, um die Verbrechensbekämpfung auf europäischer Ebene zu verbessern. Es sei notwendig, den zuständigen Behörden mehr Zeit einzuräumen, um erhaltene Daten oder Datenanfragen von anderen Behörden zu überprüfen. Dabei haben die Behörden insbesondere zu beachten, ob die Weitergabe der Daten datenschutzrechtliche Bedenken aufweist oder sonstige Grundrechte etwaiger betroffener EU-Bürger verletzt.

Dazu sind von der Kommission je nach Fall unterschiedliche Zeitlimits gesetzt, die laut EDSB jedoch alle zu niedrig angesetzt seien. Zwar sei auch zu berücksichtigen, dass insbesondere die Effektivität der Verbrechensverfolgung gewahrt wird. Die vorgeschlagenen Zeitlimits, wie etwa das sechs Stunden Zeitlimit in Notfällen, seien jedoch in der Praxis von ohnehin schon oft überforderten Behörden nicht umsetzbar.

Hintergrund:
Der EDSB ist eine unabhängige Aufsichtsbehörde, die für die Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der EU zuständig ist. Er unterbreitet Empfehlungen zu politischen Strategien und Rechtsvorschriften, die die Privatsphäre betreffen, um einen einheitlichen Datenschutz zu gewährleisten.

Linkhinweis:
Für den Volltext der Empfehlungen des Europäischen Datenschutzbeauftragten klicken Sie bitte hier.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.11.2019 12:20
Quelle: EDPS PM Nr 2018/09 vom 7.11.2019

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