BGH 5.10.2017, I ZR 7/16

EuGH-Vorlage zur Belehrung über Verwendung von Cookies

Der Erfolg der Revision des Klägers hängt von der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 u. Art. 2f der Richtlinie 2002/58/EG i.V.m. Art. 2h der Richtlinie 95/46/EG sowie Art. 6 Abs. 1a der Verordnung (EU) 2016/679 ab. In der BGH-Rechtsprechung ist es für die Wirksamkeit der Einwilligung nach § 4a Abs. 1 BDSG bisher nicht als erforderlich angesehen worden, dass der Betroffene sie gesondert (i.S. eines "Opt-in") erklärt, indem er eine zusätzliche Unterschrift leistet oder ein dafür vorgesehenes Kästchen zur positiven Abgabe der Einwilligungserklärung ankreuzt.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Beklagte bietet die Teilnahme an Gewinnspielen im Internet an. Im September 2013 hatte die Beklagte im Internet ein Gewinnspiel veranstaltet. Nach Eingabe der Postleitzahl gelangte der Nutzer hierbei auf eine Seite, auf der Name und Anschrift des Nutzers einzutragen waren. Unter den Eingabefeldern für die Adresse befanden sich zwei mit Ankreuzfeldern versehene Hinweistexte.

Der erste Hinweistext, dessen Ankreuzfeld nicht mit einem voreingestellten Häkchen versehen war, enthielt eine Einverständniserklärung für Werbung von Sponsoren auf postalischen oder telefonischen Weg oder per E-Mail/SMS. Der zweite Hinweistext, der mit einem voreingestellten Häkchen versehen war, enthielt eine Einwilligungserklärung, mit der der Teilnehmer bei seiner Registrierung dem Einsatz von Cookies zustimmte. Mit Hilfe der Cookies sollte eine Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens des Teilnehmers auf Webseiten von Werbepartnern ermöglicht werden, damit künftig eine interessengerechtere Werbung erfolgen konnte. Eine Teilnahme am Gewinnspiel war nur möglich, wenn mindestens das Häkchen vor dem ersten Hinweistext gesetzt wurde.

Der Kläger war der Ansicht, dass die von der Beklagten verlangten Einverständniserklärungen, insbesondere das sog. "Opt-out-Verfahren", nicht den Anforderungen des § 307 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und §§ 12 ff. TMG genügten. Den gesetzlichen Regelungen sei ein "Opt-in"-Erfordernis zu entnehmen. Eine vorgerichtliche Abmahnung ist ohne Erfolg geblieben. LG und OLG haben den Unterlassungsanspruch weitestgehend abgewiesen. Auf die Revisionen der beiden Parteien hat der BGH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Danach hänge der Erfolg der Revision des Klägers von der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 u. Art. 2f der Richtlinie 2002/58/EG i.V.m. Art. 2h der Richtlinie 95/46/EG sowie Art. 6 Abs. 1a der Verordnung (EU) 2016/679 ab.

Gründe:
Dem EuGH werden zur Auslegung der Art. 5 Abs. 3 u. Art. 2f der Richtlinie 2002/58/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, ABl. Nr. L 201 vom 31.7.2002, S. 37) in der durch Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2009/136/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (ABl. Nr. L 337 vom 18.12.2009, S. 11) geänderten Fassung i.V.m. Art. 2h der Richtlinie 95/46/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995, S. 31) sowie des Art. 6 Abs. 1a der Verordnung (EU) 2016/679 des EU-Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. Nr. L 119/1 vom 4.5.2016, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Handelt es sich um eine wirksame Einwilligung i.S.d. Art. 5 Abs. 3 und des Art. 2f der Richtlinie 2002/58/EG i.V.m. Art. 2h der Richtlinie 95/46/EG, wenn die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät des Nutzers gespeichert sind, durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt wird, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss?

b) Macht es bei der Anwendung des Art. 5 Abs. 3 und des Art. 2f der Richtlinie 2002/58/EG i.V.m. mit Art. 2h der Richtlinie 95/46/EG einen Unterschied, ob es sich bei den gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handelt?

c) Liegt unter den in Vorlagefrage 1 a) genannten Umständen eine wirksame Einwilligung i.S.d. Art. 6 Abs. 1a der Verordnung (EU) 2016/679 vor?

2. Welche Informationen hat der Diensteanbieter im Rahmen der nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG vorzunehmenden klaren und umfassenden Information dem Nutzer zu erteilen? Zählen hierzu auch die Funktionsdauer der Cookies und die Frage, ob Dritte auf die Cookies Zugriff erhalten?

In der BGH-Rechtsprechung ist es für die Wirksamkeit der Einwilligung nach § 4a Abs. 1 BDSG bisher nicht als erforderlich angesehen worden, dass der Betroffene sie gesondert (i.S. eines "Opt-in") erklärt, indem er eine zusätzliche Unterschrift leistet oder ein dafür vorgesehenes Kästchen zur positiven Abgabe der Einwilligungserklärung ankreuzt. Deshalb sind Gestaltungen als mit § 4a Abs. 1 BDSG vereinbar angesehen worden, in welchen das Verweigern der Einwilligung durch Ankreuzen eines Kästchens oder Streichung des Einwilligungstexts zum Ausdruck gebracht werden muss.

Linkhinweise:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.11.2017 10:32
Quelle: BGH online

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