BGH 5.10.2017, I ZR 117/16

Verbotene Tabakwerbung auf der Homepage eines Tabakherstellers

Tabakwerbung muss auf diejenigen Magazine und Zeitschriften beschränkt werden, die sich nicht an die breite Öffentlichkeit wenden. Werbende Abbildungen auf der Startseite des Internetauftritts eines Tabakherstellers sind allerdings als unzulässige Tabakwerbung anzusehen.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist ein mittelständischer Tabakhersteller. Auf ihrer Internetseite können sich interessierte Nutzer über ihr Unternehmen informieren, wobei der Zugang zu den einzelnen Inhalten erst nach einer elektronischen Altersabfrage gewährt wird. Im November 2014 waren auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten vier gut gelaunte und lässig anmutende Personen abgebildet, die Tabakerzeugnisse konsumierten. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, sah darin eine unzulässige Tabakwerbung im Internet. Er nahm die Beklagte auf Unterlassung der Werbung mit der Abbildung und auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.

LG und OLG gaben der Klage statt. Das Berufungsgericht war der Ansicht, die Abbildung stelle als Werbung im Internet einen "Dienst der Informationsgesellschaft" dar und unterfalle daher dem Tabakwerbeverbot nach § 21a Abs. 3 u. 4 des Vorläufigen Tabakgesetzes - VTabakG (jetzt § 19 Abs. 2 u. 3 TabakerzG). Die in § 21a Abs. 3 S. 2 Nr. 3 VTabakG vorgesehene Ausnahme vom Werbeverbot für Tabakfachzeitschriften komme für die Tabakunternehmenswebseite der Beklagten nicht zum Tragen. Der Verstoß gegen das gesetzliche Tabakwerbeverbot sei wettbewerbswidrig, weil es sich um verbraucherschützende Regelungen handele.

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Gründe:
Die Abbildung auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten stellt eine Werbung für Tabakerzeugnisse dar, weil die Produkte der Beklagten dem Besucher der Website näher gebracht und als attraktiv dargestellt werden. Diese Art von Werbung erfolgt in einem Dienst der Informationsgesellschaft, so dass sie nach dem zum Zeitpunkt der Werbung gültigen § 21a Abs. 3 u. 4 VTabakG und nach dem jetzt geltenden § 19 Abs. 2 u. 3 TabakerzG verboten ist.

Nach den maßgeblichen unionsrechtlichen Bestimmungen ist "Dienst der Informationsgesellschaft" jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Der Begriff soll nach Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2000/31/EG auch Dienste erfassen, die nicht von denjenigen vergütet werden, die sie empfangen, wie etwa Online-Informationsdienste oder kommerzielle Kommunikation. Nach EuGH-Rechtsprechung (Urt. v. 4.5.2017, Az.: C-339/15 - Luc Vandenborght) folgt daraus, dass die Website eines Unternehmens, auf der für dessen Produkte oder Dienstleistungen geworben wird, einen Dienst der Informationsgesellschaft darstellt.

§ 19 Abs. 2 und 3 TabakerzG setzt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/33/EG um, der bestimmt, dass in der Presse und anderen gedruckten Veröffentlichungen verbotene Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft ebenfalls nicht gestattet ist. Für die Bestimmung des Umfangs dieses Verbots ist Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2003/33/EG heranzuziehen. Danach muss Tabakwerbung auf diejenigen Magazine und Zeitschriften beschränkt werden, die sich nicht an die breite Öffentlichkeit wenden. Die weltweit unbeschränkt aufrufbare Startseite eines Unternehmens wendet sich jedoch an die breite Öffentlichkeit und wird deshalb von dem Verbot der Tabakwerbung in Diensten der Informationsgesellschaft erfasst.

Linkhinweise:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.10.2017 10:51
Quelle: BGH PM Nr. 154 vom 5.10.2017

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