VwGO-Änderung zum besseren Rechtsschutz bei behördlich geheimgehaltenen Informationen

Am 04.02.2015 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzesentwurf zur Änderung der VwGO vorgelegt, der ein In-camera-Hauptverfahren beeinhaltet, um besseren Rechtsschutz gegen behördlich geheimgehaltete Informationen zu erzielen.

Verfahrensstand-Anzeiger

Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.

Am 04.02.2015 hat das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung zum besseren Rechtsschutz bei behördlich geheimgehaltenen Informationen vorgelegt.

Art. 19 IV GG garantiere das Recht, die Gerichte anzurufen, um Maßnahmen der öffentlichen Gewalt auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Zwar seien die Behörden gemäß § 99 I 1 VwGO zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente sowie weiterer Informationsträger und zu Auskünften (Informationsübermittlung) gegenüber den Gerichten verpflichtet, könnten dies jedoch gemäß § 99 I 2 VwGO verweigern, wenn sie die entsprechenden Informationen als geheimhaltungsbedürftig eingeschätze. Auf Antrag eines Beteiligten werde ein In-camera-Zwischenverfahren zur Überprüfung der Geheimhaltungsbedürftigkeit durchgeführt. Dieses Verfahren werde nach derzeitiger Rechtslage vor eigens eingerichteten Spruchkörpern der Oberverwaltungsgerichte bzw. des Bundesverwaltungsgerichts geführt. Werde die Geheimhaltungsbedürftigkeit im In-camera-Zwischenverfahren bestätigt, seien die Informationen dem Hauptsacheverfahren dauerhaft entzogen.

Durch die Trennung der für das In-camera-Zwischenverfahren und die Hauptsache zuständigen Gerichte erlangten die Richterinnen und Richter, die über die Hauptsache entscheiden, auch keinerlei Kenntnis über die entscheidungsrelevanten Informationen.

Das bisherige Verfahren sei auf bipolare Konstellationen (Bürger vs. Behörde, typischerweise "Einsichtsklagen") gerichtet und liefere "gerade noch rechtstaatlich hinnehmbare Ergebnisse", sei aber unpassend für Konstellationen mit mehreren Beteiligten, in denen sich die Informationen nicht allein aus einer Quelle speisten. Solche mehrpoligen Fallkonstellationen, bei denen beispielsweise private Dritte gemäß § 65 VwGO beigeladen worden seien, deren Berufs- und/oder Geschäftsgeheimnisse, Urheberrechte oder an die Behörde vertraulich übermittelte Informationen vom Verfahren betroffen sind, könnten derzeit nicht zufriedenstellend gelöst werden. Es sei dem entscheidenden Gericht unmöglich, die widerstreitenden Interessen am Schutz des Geheimnisses und am effektiven Rechtsschutz im Wege der praktischen Konkordanz in Ausgleich zu bringen. Entweder die Berufs- und/oder Geschäftsgeheimnisse der einen Seite werden öffentlich oder der anderen Seite kann an dieser Stelle kein Rechtsschutz gewährt werden.

Zwar schaffe der § 138 II Telekommunikationsgesetz zumindest die Möglichkeit, daß das über die Hauptsache entscheidende Gericht Kenntnis über alle Informationen erlange, aber eine Nutzung der Informationen im Hauptsacheverfahren sei trotzdem nicht vorgesehen.

Dem will der Gesetzesentwurf begegnen, indem er ein In-camera-Hauptsacheverfahren einführt. Das bisherige In-camera-Zwischenverfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Geheimhaltung der in Frage stehenden Informationen - und damit der Rechtmäßigkeit der Beschneidung des Rechts auf rechtliches Gehör - solle beibehalten werden, werde dann allerdings künftig vom Gericht der Hauptsache durchgeführt und durch das neue In-camera-Hauptsacheverfahren ergänzt.

Ein In-camera-Hauptsacheverfahren gegen den Willen der Klägerin oder des Klägers nur auf Betreiben der Behörde hin solle nicht möglich sein. Klägerinnen und Kläger sollen weiterhin die Chance haben, eine Entscheidung aufgrund von Beweislastregelungen treffen zu lassen, wenn ihnen dies gegenüber einem In-camera-Verfahren in der Hauptsache sachgerechter erscheint. Die bisher für das In-camera-Zwischenverfahren zuständigen Spruchkörper an den Oberverwaltungsgerichten bzw. am Bundesverwaltungsgericht sollen abgeschafft werden.

 

 

Autorin: Dipl.-Psych. Alica Mohnert, LL.M. (CUPL)

 



Gesetzesentwurf VwGO (BT-Drs. 18/3921) v. 04.02.2015



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.04.2021 16:51

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